econstor
4938_zb_dtindaten_150714_online
4938_zb_dtindaten_150714_online
Create successful ePaper yourself
Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.
Der Beitrag behandelt die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland<br />
anhand langer, für diesen Beitrag rekonstruierter Reihen<br />
der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung. Vor dem Hintergrund<br />
der gesamtwirtschaftlichen Produktion und deren Entstehung und<br />
Ver wendung werden Wachstum und Konjunktur, Krise und Struk -<br />
tur wandel als Grundformen der Wirtschaftsentwicklung dargestellt<br />
und erläutert. Dabei zeigt sich, dass insbesondere die Zeit<br />
nach 1950 eine historisch beispiellose Dynamik aufzuweisen hat.<br />
Die Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR) bezeichnen<br />
ein System (Rechenwerk) der amtlichen Statistik, das die<br />
Aufgabe hat, für einen bestimmten abgelaufenen Zeitraum,<br />
typischerweise ein Jahr oder ein Quartal, eine umfassende,<br />
systematisch quantitative Beschreibung gesamtwirtschaft licher<br />
Größen einer Volkswirtschaft zu geben. Der Begriff „Gesamtrechnungen“<br />
bringt zum Ausdruck, dass es sich um ein System<br />
von Teilrechnungen handelt. Man unterscheidet die Inlandsproduktsberechnung,<br />
die Input-Output-Rechnung, die Vermögensrechnung,<br />
die Erwerbstätigenrechnung, die Arbeitsvolumenrechnung<br />
und die Finanzierungsrechnung.<br />
Die VGR ist das zentrale volkswirtschaftliche Statistiksystem,<br />
das Daten für eine Vielzahl von Fragestellungen aus<br />
Politik, Wirtschaft, Verwaltung, Wissenschaft und Medien<br />
liefert. Das heutige System der VGR ist das Ergebnis einer<br />
langen Entwicklung. Ausgangspunkt waren im 19. Jahrhundert<br />
Schätzungen des Nationaleinkommens oder Nationalvermögens<br />
(auch: Volkseinkommen, Volksvermögen, Volkswohlstand)<br />
und die Einordnung dieser Gesamtgrößen in<br />
Systeme des wirtschaftlichen Kreislaufs. Vor allem auf der<br />
Grundlage der ökonomischen Theorie des Engländers John<br />
Maynard Keynes (1883 –1946) wurde die VGR nach dem<br />
Zweiten Weltkrieg international als umfassendes Statistiksystem<br />
etabliert und ausgebaut. Seither wurde die VGR ständig<br />
weiterentwickelt und immer mehr standardisiert. Gegenwärtig<br />
(2013) wird in Deutschland das „Europäische System<br />
Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen“ (ESVG) von 1995<br />
verwendet, das auf dem „System of National Accounts“<br />
(SNA) der Vereinten Nationen von 1993 basiert. In Deutschland<br />
ist das Statistische Bundesamt in Wiesbaden damit beauftragt,<br />
Daten der VGR zu erheben und zu veröffentlichen.<br />
Daneben gibt es noch den 1954 gegründeten Arbeitskreis<br />
„Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder“, der<br />
zentrale wirtschaftliche Indikatoren für die Bundesländer<br />
berechnet und veröffentlicht.<br />
Die folgenden Ausführungen beschränken sich auf die Inlandsproduktsberechnung<br />
(IPB), deren wichtigste Größe heute<br />
das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist. Das BIP ist ein Maß für<br />
die in einem bestimmten Zeitraum erbrachte gesamte wirtschaftliche<br />
Leistung einer Volkswirtschaft. Es kann prinzipiell<br />
auf drei Arten berechnet werden. Die Entstehungsrechnung<br />
gibt an, in welchen Wirtschaftsbereichen/Sektoren die<br />
Wertschöpfung entstanden ist. Die Verwendungsrechnung<br />
zeigt, wie die produzierten Waren und Dienstleistungen verwendet<br />
werden. Sie können konsumiert, investiert oder exportiert<br />
werden. Die Verteilungsrechnung knüpft an die Entlohnung<br />
der Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital an. Bei<br />
der Berechnung des BIP werden alle Leistungen erfasst, die im<br />
Inland (von In- und Ausländern) erbracht werden (sogenanntes<br />
Inlandsprinzip). In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg<br />
stand nicht das BIP im Zentrum der Betrachtung, sondern<br />
das Bruttosozialprodukt (BSP), das seit dem Jahr 2000 als<br />
Bruttonationaleinkommen (BNE) bezeichnet wird. Es misst<br />
den Wert der wirtschaft lichen Leistungen aller Personen, die<br />
im Staat leben, unabhängig davon, ob die Leistungen im Inoder<br />
Ausland erbracht werden (sogenanntes Inländerprinzip).<br />
187