Argumentieren und Erörtern im Fach Deutsch - Landesinstitut für ...
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<strong>Argumentieren</strong> <strong>und</strong> <strong>Erörtern</strong> <strong>im</strong> <strong>Fach</strong> <strong>Deutsch</strong> (Gymnasium)<br />
Diagnoseaufgaben<br />
Gefahren der<br />
pädagogischen Diagnostik<br />
22<br />
Schulebene. Im Übrigen sei noch einmal daran erinnert, dass ja keineswegs<br />
davon ausgegangen wird, dass in Zukunft jede Unterrichtseinheit nach dem<br />
beschriebenen Schema ablaufen soll.<br />
Die Diagnoseaufgaben testen isolierte Kompetenzen <strong>und</strong> sollten deshalb<br />
möglichst passgenau auf die zu überprüfenden Teilkompetenzen abgest<strong>im</strong>mt<br />
sein. Auch wenn sie <strong>im</strong> Unterrichtsalltag den hohen Anspruch einer empirischen<br />
Objektivität mit möglichst eindeutiger Lösung wie in den Vergleichsarbeiten<br />
nicht erfüllen können <strong>und</strong> auch nicht erfüllen müssen, gilt es dennoch,<br />
Realisierungsmöglichkeiten zu entwickeln, die das angespannte Zeitbudget der<br />
Lehrenden nicht unnötig strapazieren. Aber man muss auch nicht alles neu erfinden<br />
<strong>und</strong> kann zunächst auf Vorhandenes <strong>und</strong> Bewährtes zurückgreifen. Bei<br />
den geschlossenen <strong>und</strong> halboffenen Aufgabenformaten finden sich zum Beispiel<br />
oft geeignete Teile in den Vergleichsarbeiten, die ja in jeder Schule gesammelt<br />
vorliegen. Auch die vorhandenen Schulbücher liefern Materialien, die<br />
unverändert oder leicht abgewandelt <strong>und</strong> ergänzt eingesetzt werden können.<br />
In der letzten Zeit lässt sich beobachten, dass auch binnendifferenzierende<br />
Aufgabenangebote auf den Schulbuchmarkt gelangen. Jede Lehrkraft verfügt<br />
auch nach einigen Jahren der Berufserfahrung über einen bewährten F<strong>und</strong>us<br />
an Lern- <strong>und</strong> Übungsaufgaben. Bei halboffenen Aufgaben ist es oft nützlich,<br />
von den Schülerinnen <strong>und</strong> Schülern Begründungen ergänzen zu lassen. Bei<br />
den offenen Aufgaben müssen holistische Einschätzungen auf Gr<strong>und</strong>lage der<br />
üblichen Kriterien genügen. Im Bereich der Schreibkompetenz wird die Diagnose<br />
sicher aufwendiger, aber möglicherweise genügen auch Stichproben oder<br />
Teilaufsätze. Außerdem lassen sich auch die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler be<strong>im</strong><br />
Gegenlesen in vielfältiger Weise beteiligen, was zu einer wesentlichen Entlastung<br />
der Lehrerinnen <strong>und</strong> Lehrer beitragen kann. Die Aufgaben sollten nach<br />
Möglichkeit unter dem Aspekt der Korrekturfre<strong>und</strong>lichkeit angelegt werden.<br />
Aufgaben mit grafischen, schnell erfassbaren Lösungen, zum Beispiel Strukturskizzen,<br />
Erzählbögen, Verbindungslinien zwischen Begriffen oder farbige Markierungen,<br />
können die Auswertungsarbeit deutlich erleichtern. Auch andere<br />
Formen der Diagnose sind möglich, zum Beispiel die Methode des Portfolios,<br />
szenische Formen oder auch die gezielte Beobachtung <strong>im</strong> Unterricht.<br />
Annemarie von der Groeben 8 weist zu Recht daraufhin, dass der Begriff der<br />
Diagnose in zweierlei Hinsicht eine gewisse Gefahr birgt: Erstens suggeriert<br />
das aus der Medizin entlehnte Wort, dass es Defizite zu finden gilt. Sinnvoller<br />
aber ist es <strong>im</strong> pädagogischen Bereich stärkenorientierte Bef<strong>und</strong>e zu sammeln.<br />
Zweitens könnte man in zu opt<strong>im</strong>istischer Weise annehmen, dass es relativ<br />
einfach ist, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, wenn man erst einmal die Fähigkeiten<br />
der Lernenden genau erfasst hat. Aber <strong>im</strong> laufenden Unterricht dürfte<br />
es wohl nur selten gelingen, wirklich verlässliche Beobachtungen zu sammeln.<br />
Und daraus absolut individuell passgenaue Trainingsaufgaben zu entwickeln,<br />
dürfte ebenfalls fast unmöglich sein. Man sollte sich also nicht täuschen lassen<br />
<strong>und</strong> dazu stehen, dass es <strong>im</strong>mer nur um Annäherungswerte gehen kann, die<br />
allerdings dennoch eine persönliche Rückmeldung ermöglichen, woraus sich<br />
wieder die Chance zu einem bewussten <strong>und</strong> sinnvollen individuellen Üben ableiten<br />
lässt. Letzten Endes geht es nicht darum, ein präzises <strong>und</strong> vollständiges<br />
Bild des gesamten Lernstandes jeder Schülerin <strong>und</strong> jedes Schülers zu gewinnen,<br />
sondern lediglich einen <strong>für</strong> die Opt<strong>im</strong>ierung des Lernprozesses aussagefähigen<br />
Ausschnitt auszuwählen <strong>und</strong> zu beleuchten.<br />
Ganz wichtig ist es, Diagnose <strong>und</strong> Trainingsbausteine als benotungsfreie<br />
Zeiten zu definieren. Denn nur unter dieser Voraussetzung kann es gelingen,<br />
8 Annemarie von der Groeben: Verschiedenheit nutzen. Berlin 2008. S. 80.