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den Stab über euch brechen mag wer da will, ich nicht - Hermann W ...

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es mal von dem, mal von dem: „Mensch, warst du gut, Junge. – Stimmt’s, Hauptmann, der<br />

Junge is’ gut?“<br />

„Ja, is’er“, antwortete Björn ein um <strong>da</strong>s andere Mal, bis er schließl<strong>ich</strong> sagte: „aber jetzt<br />

muss er trotzdem nach Haus. Und ihr solltet auch langsam Schluss machen. Sonst liegt ihr<br />

irgendwann alle unterm Tisch.“<br />

„Wie der von der Partei, was? Große Fresse und n<strong>ich</strong>ts <strong>da</strong>hinter“, tönte einer der Sol<strong>da</strong>ten,<br />

und ein anderer ergänzte: „Das war wie beim letztes Mal. Der Lademann hat gekotzt<br />

wie’n Reiher.“<br />

„Ja, ja, schon gehört“, sagte Björn und nahm m<strong>ich</strong> am Arm, „na komm, lass uns geh’n.“<br />

„Aber der Junge hat mächtig wat druff, det müssen sie zujeben, Hauptmann. – Komm<br />

mal her, Junge, lass d<strong>ich</strong> mal drücken.“<br />

Die fünf oder sechs Sol<strong>da</strong>ten, samt und sonders blutjunge Burschen, die schlossen m<strong>ich</strong><br />

nacheinander in die Arme, und von zweien kriegte <strong>ich</strong> einen Schmatz auf die Wange, bevor<br />

<strong>ich</strong> mit Dieter und Björn dem Kasernentor zustreben konnte. Dort angekommen, stan<strong>den</strong> wir<br />

vor einem tarnfarbenen Geländewagen, und in ihm saß dieser Oswald, ein norddeutscher Typ,<br />

breitschultrig kompakt, klotziger Schädel, freundl<strong>ich</strong>er Blick aus kräftig blauen Augen, so<br />

weit die L<strong>ich</strong>tverhältnisse dies auszumachen mir gestatteten.<br />

M<strong>ich</strong> von <strong>den</strong> Offizieren verabschiedet, stieg <strong>ich</strong> in <strong>den</strong> Wagen; Dieter winkte mir zu,<br />

Björn winkte mir zu, und Oswald fuhr los. Der sagte, knapp dreihundert Meter gefahren:<br />

„War’n die bei<strong>den</strong> die Ersten, die dir am Hintern war’n? Nee, was? Bist einer, <strong>den</strong> haben<br />

schon ganz andre zugeritten, hab’ <strong>ich</strong> Recht? Kannst du ruhig zugeben, mir machst du n<strong>ich</strong>ts<br />

vor, <strong>da</strong> kannst du noch so’n unschuldiges Ges<strong>ich</strong>t haben. Denkst’ trotzdem immer nur an <strong>da</strong>s<br />

eine, <strong>will</strong>st was verpasst kriegen, stimmt’s? – Warum sagst’n n<strong>ich</strong>ts? Hat’s dir die Sprache<br />

verschlagen? Oder <strong>den</strong>kst’ schon die ganze Zeit dr<strong>über</strong> nach, wie du m<strong>ich</strong> hier irgendwo im<br />

Dunkeln zu was bringen könntest? Ja <strong>den</strong>kst du, stimmt’s? Hoffst drauf, <strong>da</strong>ss <strong>ich</strong>’s dir besorge,<br />

is’es so? Oder haben sie dir erzählt, <strong>ich</strong> halt n<strong>ich</strong>ts vom Vögeln? Ja haben sie, was? Haben<br />

garantiert behauptet, Dieter fickt s<strong>ich</strong> halb blöde an mir und <strong>da</strong>nn <strong>da</strong>rf m<strong>ich</strong> Björn, und mehr<br />

brauch’ <strong>ich</strong> auch n<strong>ich</strong>t. – Ja, war es so?“<br />

Ich schwieg, <strong>ich</strong> wusste n<strong>ich</strong>t, was <strong>ich</strong> sagen sollte, und dieser Oswald fuhr jetzt rechts<br />

ran, hielt auf dem Sommerweg, und die Autoschein<strong>wer</strong>fer erloschen. Und schon ward <strong>ich</strong><br />

gegriffen. – „Komm, Junge, sag’s, was sie gesagt haben. Dass sie mir <strong>den</strong> Arsch aufreißen?<br />

Ja, haben sie <strong>da</strong>s gesagt?“<br />

„Nein, haben sie n<strong>ich</strong>t –“, japste <strong>ich</strong> auf, diesem Oswald im Griff, vom Oswald gepackt,<br />

und m<strong>ich</strong> grad mal geäußert, ward mir zum Munde geschnappt, hartlippig, hartzüngig, heißtrocknen<br />

Schlunds. – „Her mit dir, und ja keine Faxen!“ fauchte dieser Oswald, begrapschte,<br />

betatschte m<strong>ich</strong>, fauchte: „Wir steigen jetzt aus, und <strong>da</strong>nn geh’n wir in’ Wald, und <strong>da</strong> nehm’<br />

<strong>ich</strong> mir deinen Hintern, verstan<strong>den</strong>? Und wehe, du machst irgendwelche Zicken. Weglaufen<br />

gibst n<strong>ich</strong>t, hast du gehört? – Na los, steig aus. Und ja stehen bleiben. Wehe, du läufst weg.“<br />

Ich tat, wie mir geheißen; und <strong>da</strong>ss <strong>ich</strong> mitten auf der Chaussee n<strong>ich</strong>t weglaufen konnte,<br />

wusste <strong>ich</strong> selbst. Also wartete <strong>ich</strong> am Rande des Straßengrabens. Und dieser Oswald, dem<br />

Wagen entstiegen, dessen Tür zugeknallt und um ihn herumgegangen, fasste nach mir, schubste<br />

m<strong>ich</strong> an die Karosserie, langte mir derb in <strong>den</strong> Schritt, fragte im derben Walken: „Hast<br />

Angst, stimmt’s? Na, sag schon, hast Angst? Denkst’, jetzt mach’ <strong>ich</strong> d<strong>ich</strong> kirre?“<br />

„Weiß’ n<strong>ich</strong>’.“<br />

„Aber <strong>ich</strong> weiß es. Und jetzt <strong>wer</strong>d’ mal ganz ruhig. Lass d<strong>ich</strong> mal küssen –“<br />

Das derbe Walken verebbte, Oswald griff mir stattdessen zum Kopf, zog ihn an s<strong>ich</strong>,<br />

beugte s<strong>ich</strong> <strong>über</strong> ihn. „N<strong>ich</strong>t zittern“, ward mir entgegengehaucht, „gibt n<strong>ich</strong>ts zu zittern, wirst<br />

n<strong>ich</strong>ts als geliebt“ – und ward nun geküsst. Und des Mannes Lippen absolut n<strong>ich</strong>t mehr hart<br />

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