den Stab über euch brechen mag wer da will, ich nicht - Hermann W ...
den Stab über euch brechen mag wer da will, ich nicht - Hermann W ...
den Stab über euch brechen mag wer da will, ich nicht - Hermann W ...
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Dass mir <strong>da</strong>von n<strong>ich</strong>ts zu Ohren gekommen ist, sagt n<strong>ich</strong>ts Gegenteiliges. Denn wenn s<strong>ich</strong><br />
Sexualstraftaten n<strong>ich</strong>t gerade hinter vorgehaltenen Hän<strong>den</strong> unter <strong>den</strong> Leuten herumsprachen,<br />
kam dergle<strong>ich</strong>en <strong>da</strong>mals doch n<strong>ich</strong>t ans L<strong>ich</strong>t der DDR-Öffentl<strong>ich</strong>keit. In der Zeitung stand<br />
<strong>da</strong>von je<strong>den</strong>falls n<strong>ich</strong>ts. In ihnen wurde der Mensch, zwischen Putbus und Annaberg-<br />
Buchholz dem Sozialismus zustrebend, mehr und mehr edel, hilfre<strong>ich</strong> und gut.<br />
So, und <strong>da</strong>mit genug von <strong>den</strong> Bauarbeitern und dem <strong>da</strong>mit verbun<strong>den</strong>en Drum und Dran.<br />
Ich hätt’s trotz mancher Tortur gern länger genossen, warum <strong>da</strong>s n<strong>ich</strong>t zugeben. Auch <strong>den</strong><br />
abendl<strong>ich</strong>en Gruppensex hätte <strong>ich</strong> gern noch einmal erlebt. War schon erregend, Männer<br />
Männer ficken zu sehen. Aber als in der Bank die nächste Vollversammlung des Vorstands<br />
anlag, waren diese Männer längst <strong>über</strong> alle Berge. Habe auch keinen je wiedergesehen.<br />
Wieder sah <strong>ich</strong> stattdessen <strong>den</strong> Hidorfer Dorfsheriff. Worauf <strong>ich</strong> es, wie <strong>ich</strong> schon erzählt<br />
habe, n<strong>ich</strong>t angelegt hatte, angerufen hatte <strong>ich</strong> je<strong>den</strong>falls n<strong>ich</strong>t. Axel Hübner kam mir eines<br />
frostigen Dezembertags des Jahres ’55 in unserer Straße entgegen. Hatte seinen Cousin besucht.<br />
Und nun gab’s zwischen mir und dem Mann aus Hidorf etwa folgen<strong>den</strong> Dialog:<br />
„Na guck mal an, so sieht man s<strong>ich</strong> wieder. Warum hast’n n<strong>ich</strong>t angerufen?“<br />
„Ich hab’ kein Telefonbuch gefun<strong>den</strong>. Die haben sie in <strong>den</strong> Telefonzellen alle geklaut.“<br />
„Wieso, du hättest doch bloß zur Post gehen müssen. Da liegen immer welche aus.“<br />
„Das wusst’ <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t.“<br />
„Na, ist ja auch egal, haben uns ja trotzdem getroffen. – Kommst’ von der Schule?“<br />
„Ja.“<br />
„Und jetzt bist’ <strong>den</strong> Nachmittag <strong>über</strong> allein zu Hause, oder?“<br />
„Ja. Mutti kommt immer erst halb sieben.“<br />
„Hast’ eigentl<strong>ich</strong> ’n eigenes Zimmer?“<br />
„Ja, oben unterm Dach. Das ist wie ’ne kleine Wohnung, nur <strong>da</strong>ss <strong>ich</strong> keine Küche hab’.“<br />
„Hört s<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t schlecht an. Zeigst’ mir mal dein Re<strong>ich</strong>?“<br />
„Jetzt?“<br />
„Ja jetzt, oder hast’ keine Zeit?“<br />
„Doch.“<br />
„Na also, worauf warten wir noch? Zeig mir mal deinen Palast.“<br />
Knapp zwei Minuten bis zu unserem Haus, und noch zwei weitere Minuten bis in mein<br />
Zimmer, wo der Mann m<strong>ich</strong> umgehend an s<strong>ich</strong> riss, schnurrte, schnarrte, brubbelte, brabbelte:<br />
„Komm her, komm her, lass es dir geben. Du brauchst es, <strong>ich</strong> weiß es. Und wenn uns im<br />
Sommer Kupetzki n<strong>ich</strong>t in die Quere gekommen wäre... mein Gott, <strong>da</strong>nn hättest es längst.<br />
Hätten wir doch n<strong>ich</strong>t nur gefummelt. – Na komm, lass d<strong>ich</strong> auszieh’n. – Hast’ hier irgendwo<br />
’ne Hautcreme rumliegen?“<br />
“Nee.“<br />
„Macht n<strong>ich</strong>ts, nehmen wir Spucke. Hauptsache, du kriegst es.“<br />
„Nee –“<br />
„Was heißt <strong>den</strong>n ‚nee‘? Na los doch, mach keine Zicken, an der Kiesgrube hättst’ m<strong>ich</strong><br />
doch auch rangelassen. Und <strong>da</strong> <strong>da</strong>cht’ <strong>ich</strong> Dussel noch, du bist unschuldig. Aber <strong>da</strong>s bist du<br />
n<strong>ich</strong>t. Als <strong>ich</strong> gehört hab’, du bist der Sohn von Frau Rubinek, <strong>da</strong> wusst’ <strong>ich</strong> Bescheid. D<strong>ich</strong><br />
hat man schon grün und blau georgelt.“<br />
„Nee –“<br />
„Komm, erzähl n<strong>ich</strong>t, Ich kenn’ einen, der hat s<strong>ich</strong> <strong>da</strong>s mehr als einmal mit angeseh’n.“<br />
„Wer?“<br />
„Lehrer Kleindienst. Und jetzt halt die Klappe.“<br />
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