den Stab über euch brechen mag wer da will, ich nicht - Hermann W ...
den Stab über euch brechen mag wer da will, ich nicht - Hermann W ...
den Stab über euch brechen mag wer da will, ich nicht - Hermann W ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
schön, wenn wir <strong>da</strong>nn miteinander plaudern könnten. Was <strong>ich</strong> bestätigte. Und Jogi lächelte,<br />
sagte: „Aber <strong>ich</strong> würde dir raten, Waldemar n<strong>ich</strong>ts <strong>da</strong>von zu sagen. Macht <strong>den</strong> Eindruck, als<br />
wär’ er mächtig eifersüchtig. Ihr seid doch ’n Liebespaar, stimmt’s?“ – Ich bestätigte auch<br />
dies, und unser Gespräch unter vier Augen war zu Ende, irgend<strong>wer</strong> kam auf uns zu, und weitere<br />
Gelegenheiten, allein miteinander zu sein, hatten wir n<strong>ich</strong>t.<br />
Nun <strong>den</strong>n, nach Berlin kam <strong>ich</strong> die nächsten Jahre n<strong>ich</strong>t ohne Begleitung, so <strong>da</strong>ss <strong>ich</strong> am<br />
Bühneneingang der Oper keine Nachr<strong>ich</strong>t an Jogi hätte hinterlassen können. Und als <strong>ich</strong> sie<br />
schließl<strong>ich</strong> hinterließ, Oktober 1962, glaubte <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t, <strong>da</strong>ss der Mann s<strong>ich</strong> an m<strong>ich</strong> noch erinnern<br />
und auf diese Nachr<strong>ich</strong>t reagieren würde. – Irrtum! Jogi erinnerte s<strong>ich</strong> sehr wohl. Und<br />
zwei Tage später suhlten wir uns.<br />
Knapp vier Jahre hat diese Freundschaft gehalten, die im Grunde schon begann, als <strong>ich</strong><br />
13 war, Jogi 24 oder 25. – Ja, ja, angehimmelt haben wir uns, wie gesagt, schon <strong>da</strong>mals in<br />
Wernigerode, wo wir zu n<strong>ich</strong>ts kommen konnten. Wurde <strong>ich</strong> doch tatsächl<strong>ich</strong> mit eifersüchteln<strong>den</strong><br />
Argusaugen sch<strong>wer</strong> <strong>über</strong>wacht, zumal Waldemar mit s<strong>ich</strong>erem Gespür erkannte, <strong>wer</strong><br />
alles in dieser Künstlerschar, die <strong>da</strong> Urlaub machte, homosexuell war. Neben Jogi mindestens<br />
noch vier, fünf andere Herren. Aber ran an m<strong>ich</strong> kam keiner, und Waldemar hielt mir mehr als<br />
einmal einen Vortrag <strong>über</strong> die Treue. – Mit einem Widerspruch: Als Waldemar ein Aug’ auf<br />
einen Bediensteten dieses Künstlerheims geworfen hatte, auf einen neunzehnjährigen Kellner,<br />
<strong>über</strong>redete er m<strong>ich</strong> zwei oder drei Tage vor dem Ende des Urlaubs zu einem Dreier: „Du, Rufi,<br />
findest du <strong>da</strong>s Kerlchen n<strong>ich</strong>t auch schön. Wollen wir mal versuchen, <strong>den</strong> Jungen mit ins<br />
Bett zu kriegen? Nur mal aus Spaß, und obwohl wir uns treu sind? Und <strong>da</strong>s mit der Treue<br />
dürfen wir natürl<strong>ich</strong> auch n<strong>ich</strong>t <strong>über</strong> Bord <strong>wer</strong>fen. Das hat <strong>da</strong>mit n<strong>ich</strong>t <strong>da</strong>s Geringste zu tun“,<br />
sagte in etwa mein Liebhaber im tiefsten Brustton angebl<strong>ich</strong>er Überzeugung. Und <strong>ich</strong> erwiderte:<br />
na gut, wenn er meinte, <strong>da</strong>nn würde <strong>ich</strong> mitmachen. – Und <strong>ich</strong> <strong>da</strong>chte mir meinen Teil<br />
von wegen Treue... Ich war erst 13, aber mir wurde klar, wenn meinem Waldemar einer der<br />
Urlauber sexuell zugesagt hätte, Jogi womögl<strong>ich</strong>, wäre <strong>ich</strong> längst mit dem Ansinnen eines<br />
„Dreiers“ konfrontiert wor<strong>den</strong>. Was <strong>ich</strong> Waldemar n<strong>ich</strong>t übelnahm, aber sonderbar fand <strong>ich</strong> es<br />
schon, <strong>da</strong>ss einer mir unausgesetzt Wasser predigte, und auf einmal Lust hatte, Wein zu trinken.<br />
M<strong>ich</strong>, weil’s ihm in <strong>den</strong> Kram passte, sogar <strong>da</strong>zu anstiftete mitzuhalten. Doch dies behielt<br />
<strong>ich</strong> für m<strong>ich</strong>, <strong>den</strong>n gegen <strong>den</strong> Kellner gab es n<strong>ich</strong>ts einzuwen<strong>den</strong>. Also ließ <strong>ich</strong> Waldemar<br />
schwatzen, der, was m<strong>ich</strong> betraf, eine Fackel der Eifersucht war, aber nun in Vorfreude<br />
<strong>da</strong>von schwärmte, <strong>da</strong>ss es doch „n<strong>ich</strong>t übel“, <strong>da</strong>ss es doch mal „lustig“ wäre, wenn wir uns<br />
„<strong>da</strong>s Bürschchen mit an Land ziehen“ wür<strong>den</strong>. „Dir lutscht er einen, Rurú, und <strong>ich</strong> sehe mal<br />
zu, ob <strong>ich</strong> ihn durchgenommen kriege. Der ist bestimmt noch ’n Jungfer<strong>ich</strong>. Da siehst’ mal<br />
einen große Augen machen, wenn <strong>ich</strong> ihn aufstoße.“<br />
So oder so ähnl<strong>ich</strong> ward mir immer schmackhafter gemacht, was es zu erleben gäbe,<br />
wenn Waldemar schaffte, wonach ihn zu schaffen gierte. Und noch am selben Abend erre<strong>ich</strong>te<br />
mein Waldemar, wonach ihm der Sinn stand. Dem Kellner wurde mittags ein mehrmals<br />
gefaltetes Zettelchen zugesteckt: Zimmer soundso. Wir hätten was in <strong>den</strong> nächsten Tag hinein<br />
zu feiern. Müsste aber niemand wissen. Ob er uns, wenn er Feierabend hätte, unauffällig zwei<br />
Flaschen Krimsekt, drei Gläser auf’s Zimmer bringen könnte. Geld anbei, „der Rest ist für<br />
Sie“.<br />
Tja, so war <strong>da</strong>s mit meinem Waldemar. Und <strong>ich</strong> nahm es ihm, wie gesagt, n<strong>ich</strong>t übel, aber<br />
<strong>den</strong> ganzen Nachmittag <strong>über</strong> <strong>da</strong>chte <strong>ich</strong> an Jogi, an <strong>den</strong> <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t rankommen durfte, <strong>da</strong>chte an<br />
<strong>den</strong> Wirt in Lu., dem <strong>ich</strong> entrissen wor<strong>den</strong> war und <strong>da</strong>ss <strong>ich</strong> <strong>da</strong>nach „zur Strafe“ allein auf der<br />
Couch hatte pennen müssen und morgens durchgefickt wor<strong>den</strong> war, <strong>da</strong>ss mir Hören und Sehen<br />
vergangen, und außerdem <strong>da</strong>chte <strong>da</strong>ran, was wohl wäre, wenn Waldemar <strong>da</strong>s mit Harald<br />
etc. wüsste. Und zugle<strong>ich</strong> sann <strong>ich</strong> <strong>da</strong>r<strong>über</strong> nach, was Waldemar wohl anstellte, wenn <strong>ich</strong><br />
78