den Stab über euch brechen mag wer da will, ich nicht - Hermann W ...
den Stab über euch brechen mag wer da will, ich nicht - Hermann W ...
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Ausgeruht kam <strong>ich</strong> nach solchen Nächten selten nach ***chim oder (ab Ende November)<br />
nach Xge zurück. Mit Schatten unter <strong>den</strong> Augen kam <strong>ich</strong> zuweilen, und meine Mutter meinte<br />
mehr als einmal: „Wenn <strong>da</strong>s bloß n<strong>ich</strong>t zu viel für d<strong>ich</strong> wird, Junge. Und außerdem: Pass ja<br />
auf, <strong>da</strong>ss dir der Erfolg n<strong>ich</strong>t zu Kopf steigt. Zuallererst kommt es auf Dein Abitur an. Und <strong>da</strong><br />
<strong>wer</strong><strong>den</strong> dir diese Bauern wohl kaum helfen, die dir <strong>da</strong> wieder zugeklatscht haben. Und die<br />
Artikel in der Zeitung haben es auch umsonst.“<br />
Tja, so war <strong>da</strong>s bis in <strong>den</strong> Sommer ’57 hinein. Und <strong>da</strong>nn wechselte Waldemar zur neuen<br />
Spielzeit nach ***<strong>da</strong>l, wo ein Dramaturg gerade mit dem Ge<strong>da</strong>nken schwanger ging, Hesses<br />
„Unterm Rad“ zu dramatisieren. Eine Idee, die dem Inten<strong>da</strong>nten des Hauses zwar zusagte,<br />
aber woher für solch ein Projekt <strong>den</strong> Haupt<strong>da</strong>rsteller nehmen? – „Den könnt’ <strong>ich</strong> <strong>euch</strong> liefern“,<br />
gab Waldemar kund, und der Inten<strong>da</strong>nt ließ s<strong>ich</strong> drauf ein, ließ m<strong>ich</strong> kommen, und mit<br />
mir kam Gottfried, und zu uns stieß Waldemar; als Sonntagsmatinee, vormittags um elf im<br />
Foyer, war kurzfristig unser Kästner-Tucholsky-Programm auf <strong>den</strong> Spielplan gehoben wor<strong>den</strong>.<br />
Und diese Matinee absolviert, mein Talent präsentiert, bekam der Dramaturg von seinem<br />
Inten<strong>da</strong>nten grünes L<strong>ich</strong>t und ein Jahr Zeit. Erste oder wenigstens zweite Schauspielpremiere<br />
in der Spielzeit 58/59 sollte <strong>Hermann</strong> Hesse und mir gehören. Und Hesse und mir gehörte die<br />
zweite Premiere, Anfang Oktober ’58; der Dramaturg war n<strong>ich</strong>t sehr schnell gewesen, und<br />
was er <strong>da</strong>nn abgeliefert hatte – nun ja, es kam etwas langatmig redselig <strong>da</strong>her, einerseits mit<br />
zu wenig Biss, andererseits mit zu wenig Atmosphäre, und die Dialoge passagenweise „papier’n“;<br />
sie mit Leben zu erfüllen war gar n<strong>ich</strong>t so einfach. Aber wir mühten uns nach Kräften,<br />
allen voran der Regisseur, und <strong>da</strong>s war Waldemar. Es war seine erste Regiearbeit, und er<br />
stürzte s<strong>ich</strong> mit Feuereifer hinein. – September ’58, <strong>ich</strong> 15 inzwischen und ein Oberschüler.<br />
Wobei <strong>ich</strong> die entsprechende Xger Schule erst im März des <strong>da</strong>rauffolgen<strong>den</strong> Jahres erre<strong>ich</strong>te;<br />
meine ersten sechs Oberschulmonate absolvierte <strong>ich</strong> in ***<strong>da</strong>l, und dies mit nur mäßigem<br />
Vergnügen. Der Schüler, der abends auf der Bühne stand, schien einigen Lehrern n<strong>ich</strong>t gerade<br />
<strong>will</strong>kommen zu sein. Als <strong>ich</strong> im Physikunterr<strong>ich</strong>t eines Tages eine Leistungskontrolle in <strong>den</strong><br />
Sand setzte, hieß es: „Tja, Theater ist eben n<strong>ich</strong>t alles. In der Schule sollte man s<strong>ich</strong> auch mal<br />
<strong>den</strong> einen oder anderen Applaus verdienen.“ Und Bemerkungen solcher Art hörte <strong>ich</strong> des öfteren,<br />
n<strong>ich</strong>t nur vom Physiklehrer, auch dem Lehrer in Mathe und dem in Chemie war <strong>ich</strong><br />
irgendwie suspekt, und suspekt war <strong>ich</strong> irgendwann auch einigen Jungs meiner Klasse, weil<br />
<strong>ich</strong> von <strong>den</strong> Mädchen, nach <strong>den</strong>en sie verklemmt schielten, allzu offens<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong> angehimmelt<br />
wurde. – Nein, <strong>da</strong>s war mir alles keine Atmosphäre zum Wohlfühlen; erst in Xge gefiel es mir<br />
in der Oberschule, die <strong>da</strong>nn ab meiner zehnten Klasse EOS hieß, ab der elften „EOS Rosa<br />
Luxemburg“. Warum, weiß der Teufel; Rosa Luxemburgs Geist wehte in dieser Schule je<strong>den</strong>falls<br />
ledigl<strong>ich</strong> in dogmatischer DDR-Verbiegung. Und montags früh auf dem Schulhof beim<br />
Fahnenappell, alle Schüler im Blauhemd der FDJ, hatte <strong>ich</strong> jedes Mal einen kleinen, stets vom<br />
Direktor ausgesuchten Text aus <strong>den</strong> Schriften der „revolutionären Sozialistin“ zu deklamieren.<br />
– Na gut, warum n<strong>ich</strong>t. Ich lieferte <strong>da</strong>s gewünschte Pathos, und man war es zufrie<strong>den</strong>.<br />
Doch zurück nach ***<strong>da</strong>l, wo mir zwar die Schule n<strong>ich</strong>t behagte, aber die Theaterleute<br />
behagten mir umso mehr; für die war <strong>ich</strong> Fünfzehnjähriger ein KOLLEGE. Uneingeschränkt.<br />
Nur an m<strong>ich</strong> ranmachen durfte s<strong>ich</strong> keiner. Und <strong>da</strong> gab es schon <strong>den</strong> einen und anderen, der<br />
mir sein Interesse signalisierte. Beispielsweise ein blutjunger Schauspieler, erstes Engagement;<br />
beispielweise ein Maskenbildner; beispielweise ein Chorsänger (auch <strong>da</strong>s ***<strong>da</strong>ler<br />
Theater war ein Zwei-Sparten-Theater). – Nein, mit mir anbändeln gab’s n<strong>ich</strong>t; mein Waldemar<br />
Luchsaugen, und was für welche, es sei <strong>den</strong>n, höhere Gewalt hinderten diese am Tätigsein,<br />
wie bei einer Abstechervorstellung, für <strong>den</strong> arg erkälteten Waldemar war ein Kollege<br />
eingesprungen, Waldemar zu Hause geblieben und im Bett. Und schon fummelte auf der<br />
Rückfahrt nach ***<strong>da</strong>l im dunklen Bus plötzl<strong>ich</strong> ein Bel<strong>euch</strong>ter, ein ganz junger Kerl, neben<br />
dem <strong>ich</strong> saß, mehr als eindeutig an mir herum, und angekommen in ***<strong>da</strong>l, ging <strong>ich</strong> mit ihm<br />
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