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den Stab über euch brechen mag wer da will, ich nicht - Hermann W ...

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Der hatte zudem in der Nachbarschaft durch allzu sorgloses Fußballgebolze mitten auf der<br />

Straße schon zwei oder gar drei Fensterscheiben zu Bruch gehen lassen; und dergle<strong>ich</strong>en kam<br />

bei <strong>den</strong> Leuten nun wirkl<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t gut an. In unserer Siedlung sah man auf Ordnung. Schon<br />

ganz und gar, wenn es s<strong>ich</strong> um frisch Zugezogene handelte. – Doch solches gab <strong>ich</strong> jetzt n<strong>ich</strong>t<br />

kund. Und zwei Minuten später, uns <strong>da</strong>s Angelzeug und <strong>da</strong>s Eimerchen mit <strong>den</strong> Katzenfischen<br />

geschnappt, stiefelten Bernd und <strong>ich</strong> mit Wilhelm Kopetzki R<strong>ich</strong>tung De<strong>ich</strong> und auf<br />

demselben gen Xge; und Kopetzki quasselte ohne Unterlass von <strong>den</strong> Vorzügen des Nacktseins,<br />

die s<strong>ich</strong> die meisten Leute aus Verklemmtheit sogar beim Ba<strong>den</strong> entgehen ließen, anstatt<br />

im Sommer, wenn es heiß wäre, allerorten mit Nix rumzulaufen, wovon er schon ewig<br />

träumen würde: Jeder Mensch zeigte s<strong>ich</strong> her wie Gott ihn geschaffen hätte; jeder könnte je<strong>den</strong><br />

bewundern und n<strong>ich</strong>ts wäre verboten. N<strong>ich</strong>t so wie jetzt, wo wir die Klappe halten müssten,<br />

niemandem erzählen dürften, was wir gerade genossen hätten; und <strong>da</strong>bei gäb’s doch für<br />

einen Jungen unseres Alters n<strong>ich</strong>ts Schönes, als mit einem Mann zusammen zu sein, der ihm<br />

je<strong>den</strong> Wunsch erfüllte, auch <strong>den</strong> geheimsten, der doch n<strong>ich</strong>ts als natürl<strong>ich</strong> wäre. Das wäre<br />

doch was Herrl<strong>ich</strong>es. <strong>da</strong>s müssten wir doch zugeben, <strong>da</strong>s wäre doch durch n<strong>ich</strong>ts zu <strong>über</strong>bieten,<br />

wenn uns ein Mann an <strong>den</strong> Pimmel ginge und der Mann ließe s<strong>ich</strong> auch anfassen. Was er<br />

als Junge, so in unserem Alter, auch immer mal wieder erlebt hätte, sogar mit einem Lehrer.<br />

Aber n<strong>ich</strong>t irgendwo draußen – nee, nee, bei dem Lehrer zu Hause und im Bett, wo alles noch<br />

tausend Mal schöner wäre, was er uns beweisen könnte, brauchten nur mal zu ihm zu kommen,<br />

wenn’s keiner mitkriegte. Mittags nach dem Unterr<strong>ich</strong>t; wir wüssten doch, wo die<br />

Hausmeisterwohnung wäre, gle<strong>ich</strong> hinterm Heizungskeller, <strong>da</strong> wo an der Tür „Privat“ dran<br />

stünde. Da rein, und schon wären wir bei ihm in der Küche, und <strong>da</strong>nn würde er uns mit in die<br />

Schlafstube nehmen. Herrl<strong>ich</strong>es Bett, hübsch breit, noch aus der Zeit, als er verheiratet gewesen<br />

wäre. Aber <strong>da</strong>s wäre schon gar n<strong>ich</strong>t mehr wahr; er wäre schon acht Jahre geschie<strong>den</strong>.<br />

Jetzt gäb’s nur noch <strong>da</strong>s Bett, in <strong>da</strong>s er uns mitnehmen, uns vorher selbstverständl<strong>ich</strong> erst<br />

einmal ausziehen würde, und er würde s<strong>ich</strong> auch ausziehen. Und <strong>da</strong>nn nähme er s<strong>ich</strong> viel Zeit<br />

für uns; würde er uns drei-, viermal einen runterholen. Das gehörte zum Nacktsein nun einmal<br />

<strong>da</strong>zu, auch wenn die meisten Leute <strong>da</strong>s n<strong>ich</strong>t begreifen wür<strong>den</strong>. Deshalb müsste <strong>da</strong>s halt unter<br />

uns bleiben. Ja zu keinem ein Wort, sonst wäre der Teufel los. Aber wenn wir eisern <strong>den</strong><br />

Mund hielten, würde er uns n<strong>ich</strong>ts abschlagen. Wenn wir <strong>da</strong>s Nacktsein brauchten, was wir<br />

ihm vorhin ja bewiesen hätten, wie sehr wir <strong>da</strong>s brauchten – also mit ihm jederzeit. Anklopfen,<br />

reinkommen. Und wenn es ihm wirkl<strong>ich</strong> mal nach dem Unterr<strong>ich</strong>t n<strong>ich</strong>t passen sollte, zu<br />

viel Arbeit und so, <strong>da</strong>nn machten wir was aus für nachmittags oder für <strong>den</strong> nächsten Tag. Im<br />

Regen ließe er uns n<strong>ich</strong>t stehen, jetzt wo wir wüssten, wie schön <strong>da</strong>s Nacktsein wäre und was<br />

man als Junge <strong>da</strong>mit alles anstellen könnte, wenn ein Mann in der Nähe wäre, auch nackt, und<br />

dem stände sein Schwengel...<br />

Xge erre<strong>ich</strong>t, verebbte dem Mann solch’ Gequassel. Der sagte stattdessen, <strong>da</strong>ss er n<strong>ich</strong>t<br />

weiter mitkommen könnte, er wollte noch eine Tante besuchen. In der Karlstraße. Und die<br />

Karlstraße lag nun mal n<strong>ich</strong>t auf dem Weg zu meiner Stadtrandsiedlung, und die Krusestraße,<br />

wo Bernd wohnte und die <strong>ich</strong>, um nach Hause zu kommen, durchqueren musste, war ebenfalls<br />

n<strong>ich</strong>t Kupetzkis R<strong>ich</strong>tung. Also gingen Bernd und <strong>ich</strong> jetzt allein weiter, und sonderbar<br />

einsilbig ging’s zwischen uns zu. So als würde keiner von uns bei<strong>den</strong> <strong>über</strong> <strong>da</strong>s an der Kiesgrube<br />

Erlebte zu re<strong>den</strong> die Traute haben, und ein anderes Thema kam auch n<strong>ich</strong>t so recht in<br />

Gang. An Bernds Haus angekommen, verabschiedeten wir uns <strong>den</strong>n auch – na sagen wir mal:<br />

hilflos fix. Und <strong>da</strong>s, obwohl wir uns die nächsten drei Wochen n<strong>ich</strong>t wür<strong>den</strong> sehen können;<br />

am <strong>da</strong>rauffolgen<strong>den</strong> Montag würde Bernd mit seinen Eltern in Urlaub fahren. Was wir aber<br />

beide in diesem Moment wohl unbewusst mit einem „Gott sei Dank“ quittierten. So konnte<br />

doch erst einmal Gras <strong>über</strong> die Sache an der Kiesgrube wachsen. Und <strong>da</strong>s wuchs <strong>da</strong>nn auch<br />

gründl<strong>ich</strong>. Als Bernd wieder im Lande war, verzog er noch im August ganz und gar unerwartet<br />

nach Sch<strong>wer</strong>in. Bernds Vater, ein Ingenieur, war während seiner Urlaubsabwesenheit per<br />

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