den Stab über euch brechen mag wer da will, ich nicht - Hermann W ...
den Stab über euch brechen mag wer da will, ich nicht - Hermann W ...
den Stab über euch brechen mag wer da will, ich nicht - Hermann W ...
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Vereinsheim der Kanuten gerade um eine Handvoll spezieller Wörter drastisch bere<strong>ich</strong>ert<br />
wor<strong>den</strong>. Also war klar, was <strong>ich</strong> gle<strong>ich</strong> leisten sollte. – Na schön, wenn <strong>da</strong>s alles war... <strong>da</strong>gegen<br />
hatte <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>ts. Im Gegenteil.<br />
Wir stapften also durch wa<strong>den</strong>hohes Unkraut an ausgemergelten Gebäu<strong>den</strong> vorbei und<br />
landeten in besagtem Trockenschuppen, stiegen <strong>über</strong> eine Leiter in die obere Etage. Freddy<br />
schob m<strong>ich</strong> in einen Gang zwischen zwei Regalreihen, blieb stehen, drückte m<strong>ich</strong> in die Hokke,<br />
öffnete s<strong>ich</strong> die Hose; sein Schwanz noch schlaff, aber ihn mir in <strong>den</strong> Mund bugsiert, erholte<br />
er s<strong>ich</strong> etwas. Freddy packte m<strong>ich</strong> am Hinterkopf und schob meinen Schlund auf seinem<br />
mehr oder weniger erigierten Schwengel vor und zurück. Sacht zunächst, <strong>da</strong>nn weniger sacht,<br />
<strong>da</strong>nn alles andere als sacht. Aber es tat s<strong>ich</strong> <strong>den</strong>noch n<strong>ich</strong>ts, und nach einer langen Weile gab<br />
der Mann auf, zog m<strong>ich</strong> in <strong>den</strong> Stand, küsste m<strong>ich</strong>, sagte: „Komm, lass uns abhauen. Irgendwie<br />
hab’ <strong>ich</strong> genug. N<strong>ich</strong>t von dir, <strong>den</strong>k <strong>da</strong>s n<strong>ich</strong>t. Ich bin bloß n<strong>ich</strong>t mehr so r<strong>ich</strong>tig in Stimmung.<br />
Aber <strong>da</strong>s holen wir morgen bei Dieter nach. Da kriegst’ es bis zum Gehtn<strong>ich</strong>tmehr.“<br />
„Wieso? Kommst du <strong>da</strong> mit?“<br />
„Na was <strong>den</strong>n sonst. Doppelt hält allemal besser als einmal. Nix geht <strong>über</strong>s Bumsen im<br />
Doppelpack, Rufi.“<br />
Irgendwo in der Stadt, wo sie noch n<strong>ich</strong>t allzu belebt war, trennten wir uns. Ich stiefelte<br />
nach Hause, und um die Abendbrotzeit herum glühte mir der Kopf; <strong>ich</strong> bekam Fieber, <strong>da</strong>nn<br />
Schüttelfrost. Mutter steckte m<strong>ich</strong> ins Bett, und am anderen Morgen durfte <strong>ich</strong> <strong>da</strong>s Bett n<strong>ich</strong>t<br />
verlassen. Mutter sah auf meiner Haut, <strong>über</strong> <strong>den</strong> ganzen Körper verteilt, rötl<strong>ich</strong>e Flecken. Sie<br />
rief nach unserem Hausarzt, und der diagnostizierte Scharlach.<br />
Ins Krankenhaus musste <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t, als meine Mutter versprach, <strong>da</strong>ss sie <strong>da</strong>für sorgen<br />
würde, <strong>da</strong>ss <strong>ich</strong> die vorgeschriebenen sechs Wochen im Bett bliebe, niemand an m<strong>ich</strong> herankäme.<br />
So geriet <strong>ich</strong> in <strong>den</strong> eigenen vier Wän<strong>den</strong> bis in die erste Septemberwoche hinein in<br />
Quarantäne. Und wenn <strong>ich</strong> an Harald <strong>da</strong>chte, an Freddy, Dieter, Willi, war <strong>ich</strong> einerseits froh,<br />
<strong>da</strong>ss es gekommen war, wie es nun gekommen war. Andererseits war <strong>ich</strong> auch wieder betrübt,<br />
<strong>den</strong>n zwischen Baum und Borke stand <strong>ich</strong> noch immer, nur <strong>da</strong>ss es jetzt n<strong>ich</strong>ts zu entschei<strong>den</strong><br />
gab. Entschie<strong>den</strong> hatte die Krankheit, von der <strong>ich</strong>, <strong>da</strong>s Fieber abgeklungen, absolut n<strong>ich</strong>ts<br />
mehr spürte. Ich las Mutters vielbändige Märchensammlung rauf und runter, Volksmärchen,<br />
Kunstmärchen, und <strong>ich</strong> las (mit der Verständnismögl<strong>ich</strong>keit eines Elfjährigen, aber mit Begeisterung)<br />
meiner Großeltern Volksausgabe der Werke E.T.A. Hoffmanns und Chamissos. Und<br />
die sechs Wochen immer noch n<strong>ich</strong>t um, machte <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> an Mutters Sammlung der Romane<br />
Falla<strong>da</strong>s und Lion F<strong>euch</strong>twangers. – Ich legte sozusagen unfrei<strong>will</strong>ig <strong>den</strong> ersten Grundstock<br />
für meine spätere literarische Bildung. Ich hörte auch nie wieder auf mit dem systematischen<br />
Lesen. Ich hatte sozusagen Blut geleckt. Als <strong>ich</strong> Jahre später auf die Oberschule kam, ward<br />
<strong>ich</strong> von unserem Deutschlehrer und von <strong>den</strong> Mitschülern ob meiner Belesenheit bestaunt. Nun<br />
ja, dem Scharlach mit der <strong>da</strong>mit verbun<strong>den</strong>en Quarantäne war die Lust auf Literatur zu <strong>da</strong>nken.<br />
Es war also keineswegs mein Verdienst.<br />
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September ’54. Den Scharlach auskuriert, stellte <strong>ich</strong> fest, <strong>da</strong>ss <strong>ich</strong> in der Schule (nunmehr<br />
5.Klasse) in der ersten Schulwoche, die <strong>ich</strong> verpasst, n<strong>ich</strong>t viel versäumt hatte, je<strong>den</strong>falls hielt<br />
s<strong>ich</strong> die Mehrarbeit des nachholen<strong>den</strong> Lernens in Grenzen, und <strong>da</strong> <strong>ich</strong> (mit Verlaub gesagt)<br />
ein recht pfiffiges Kerlchen war, konnte <strong>ich</strong> meine Nachmittage wiederum zu großen Teilen<br />
für andere Beschäftigungen nutzen, als ausgerechnet zur Erledigung von Hausaufgaben. Zumal<br />
<strong>ich</strong> flink war, wenn es <strong>da</strong>rum ging, s<strong>ich</strong> etwas für die Schule zu erarbeiten. Ich lernte<br />
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