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den Stab über euch brechen mag wer da will, ich nicht - Hermann W ...

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R<strong>ich</strong>tig, zur Schule musste <strong>ich</strong> erst wieder am Mittwoch. Montag, Dienstag waren <strong>da</strong> nur<br />

die Leutchen der Zwölften gefragt; die hatten zu <strong>den</strong> mündl<strong>ich</strong>en Abiturprüfungen anzutreten.<br />

Also hatten die Neun- bis Elfklässler unterr<strong>ich</strong>tsfrei, was ja auch der Grund war, warum Oswald<br />

bei seinen Vorgesetzten nach einem Urlaub außer der Reihe nachgesucht hatte. Wir<br />

wollten es uns schön gemütl<strong>ich</strong> machen. Vor allem lange im Bett bleiben.<br />

Na ja, im Bett lagen wir ja nun; zu fünft in einem Doppelbett. – „Hast schon Hunger?“<br />

fragte m<strong>ich</strong> Hilmar, s<strong>ich</strong> auf m<strong>ich</strong> gewälzt, „gibt nachher selbstgeräucherten Aal. Hat aber<br />

noch Zeit <strong>da</strong>mit, was? Ich würd’ erst gern noch was von dir haben, bevor wir Abendbrot essen.“<br />

„Und <strong>ich</strong> von dir“, hörte <strong>ich</strong> Otto zu Oswald sagen. Und Hans sagte: „Aber <strong>da</strong>nn bin <strong>ich</strong><br />

am Zuge, Otto. Du lässt d<strong>ich</strong> doch bumsen, oder?“ – „Ja, ja, von so’m Kaliber wie es Hilmar<br />

hat immer, aber ob <strong>ich</strong> deinen vertrage –“<br />

Was Onkel Hans <strong>da</strong>rauf antwortete, entging mir, weil Hilmar mir in diesem Moment ins<br />

Ohr brummelte: „Komm mal hoch, <strong>ich</strong> hätt’ d<strong>ich</strong> gern im Steh’n.“ – Und Hilmar zog m<strong>ich</strong><br />

vom Bett, schob m<strong>ich</strong> bäuchlings ran an <strong>da</strong>sselbe, und <strong>ich</strong> sollte m<strong>ich</strong> vorbeugen, sollte mit<br />

<strong>den</strong> Hän<strong>den</strong> m<strong>ich</strong> abstützen.<br />

„Hilmar, wo ist <strong>den</strong>n <strong>da</strong>s Melkfett?“ wollte jetzt Otto wissen, der <strong>da</strong> nun hörte: „Augenblick,<br />

Otto, <strong>ich</strong> bin gle<strong>ich</strong> so weit.“ – „Ach so, <strong>ich</strong> seh’ schon“, sagte Otto, der auf uns schaute,<br />

nun grinste, tönte: „Na <strong>da</strong>nn man, Rufi, lass d<strong>ich</strong> verputzen. Hilmar kann’s herrl<strong>ich</strong>. Das<br />

lass <strong>ich</strong> mir alle Tage verpassen.“<br />

„Komm, hör auf, mach ihn n<strong>ich</strong>t nervös“, sagte Hilmar, schob Otto <strong>den</strong> Pott mit dem<br />

Melkfett zu. Und Otto rutschte zum Oswald, schmierte <strong>den</strong> Oswald, der rücklings lag, Beine<br />

am Leib, Hintern gehoben... und in m<strong>ich</strong> ein drang der Hilmar, schob s<strong>ich</strong> vorwärts, schob<br />

s<strong>ich</strong> voran. – ‚Nein!‘ schrie es in mir, schrie: ‚Nein!‘, und die Hände rutschen mir weg, <strong>ich</strong><br />

fiel auf die Unterarme, fiel auf die Stirn, und vor mir hört’ <strong>ich</strong> es ächzen. Da riss <strong>ich</strong> <strong>den</strong> Kopf<br />

hoch und sah auf <strong>den</strong> Otto; der war am Oswald beim Bumsen. Und hinter mir, hart an mir<br />

dran, tief in mir drin, kam Hilmar in Gang. Und vor meine Augen geriet ein Kolben; der meines<br />

Onkels, auf <strong>den</strong> mein Onkel, d<strong>ich</strong>t vor mir kniend, <strong>den</strong> Kopf mir drückte. – Und <strong>ich</strong> hörte<br />

<strong>den</strong> Oswald japsen, und m<strong>ich</strong> hört’ <strong>ich</strong> japsen, dem man in <strong>den</strong> Hintern bumste, zugle<strong>ich</strong> auch<br />

<strong>den</strong> Mund besetzte. Und in mir schrie es: ‚O Gott, <strong>da</strong>s halt’ <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t aus, <strong>ich</strong> <strong>will</strong> nach<br />

Haus!‘<br />

Nein <strong>da</strong>s wollte <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t, <strong>ich</strong> wollt’ n<strong>ich</strong>t nach Hause. Hilmar s<strong>ich</strong> abgerammelt, Hans<br />

mir <strong>den</strong> Schlund geflutet und s<strong>ich</strong> der Otto im Oswald verströmt, war es schön, zu fünft beieinander<br />

zu liegen. Ausgemergelt, platt wie ’ne Patte, nestelte einer am anderen, hauchte ihm<br />

<strong>über</strong> die Lippen, hauchte ihm auf die Augen, die Stirn. Und mir ins Ohr hauchte Otto: „Rufi?<br />

Macht’s dir n<strong>ich</strong>ts aus, <strong>da</strong>ss <strong>ich</strong> schon alt bin?“<br />

„Nee, <strong>über</strong>haupt n<strong>ich</strong>t.“<br />

„Dann fass m<strong>ich</strong> an. Zeig mir, <strong>da</strong>ss du m<strong>ich</strong> schön findest. Du, <strong>ich</strong> bin schon fünfundsechzig.“<br />

„Ja, <strong>ich</strong> weiß.“<br />

„Du, <strong>ich</strong> könnt’ dein Großvater sein. – Wie alt is’n dein Großvater?“<br />

„Muttis Vati ist sechsundsechzig. Aber der ist n<strong>ich</strong>t wie du. Der ist n<strong>ich</strong>t mehr schön.“<br />

„Und m<strong>ich</strong> findest du schön?“<br />

„Ja, d<strong>ich</strong> find’ <strong>ich</strong> schön.“<br />

„Wirkl<strong>ich</strong>?“<br />

„Ja, wirkl<strong>ich</strong>.“<br />

„Und Hilmar? Find’ste <strong>den</strong> auch schön?“<br />

„Ja, <strong>den</strong> auch.“<br />

„Hast <strong>da</strong>s gehört, Hilmar?“<br />

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