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den Stab über euch brechen mag wer da will, ich nicht - Hermann W ...

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wohl n<strong>ich</strong>t mehr viel Zeit war, <strong>ich</strong> musste zur Schule, und <strong>den</strong>noch hieß es: „Komm her, du<br />

Sau. Jetzt kriegst du’s von mir, was dir gestern Abend dieses Fettschwein verpassen wollte.“<br />

Was n<strong>ich</strong>ts anderes hieß, als <strong>da</strong>ss <strong>ich</strong> nach Str<strong>ich</strong> und Fa<strong>den</strong> durchgebumst wurde. Oder r<strong>ich</strong>tiger:<br />

diesmal wurde <strong>ich</strong> regelrecht georgelt und am Ende genagelt, als müsste Waldemar auf<br />

diese Weise <strong>den</strong> letzten Rest Eifersucht aus s<strong>ich</strong> herausficken. Und <strong>ich</strong> hatte <strong>da</strong>nach n<strong>ich</strong>t übel<br />

Lust, m<strong>ich</strong> in der Schule krank mel<strong>den</strong> zu lassen. Ging aber n<strong>ich</strong>t; abends hatte <strong>ich</strong> als Eyold<br />

auf irgendeiner Gasthausbühne zu stehen. Hätte n<strong>ich</strong>t gut ausgesehen: vormittags krank, am<br />

Abend wieder spielfreudig puppenlustig zu sein. Also machte <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> auf <strong>den</strong> Weg, was mir<br />

etwas besch<strong>wer</strong>l<strong>ich</strong> wurde; <strong>ich</strong> weiß noch, <strong>da</strong>ss <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> nach dem, was mir mein Waldemar<br />

gerade hatte angedeihen lassen, n<strong>ich</strong>t gerade sputen konnte. Aber wenn <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> recht erinnere,<br />

kam <strong>ich</strong> <strong>den</strong>noch n<strong>ich</strong>t zu spät; in ***chim, klein, klein die Stadt, gab’s nun mal keinen<br />

langen Wege.<br />

*<br />

Als die Theaterferien anstan<strong>den</strong>, die begannen in derselben Woche wie meine Schulferien,<br />

brachte m<strong>ich</strong> Waldemar nach Xge und fragte meine Mutter, die Waldemar inzwischen<br />

kannte (wir hatten Klein Eyold auch schon in Xge gespielt), ob er mit mir zwei Wochen auf<br />

seine Kosten verreisen dürfte. In ein Künstlerheim in Wernigerode im Harz. Dort hätte er vom<br />

Theaterverband ein Ferienzimmer zugesprochen bekommen, und eine Aufbettung wäre in<br />

demselben ohne weiteres mögl<strong>ich</strong>.<br />

Mutter, m<strong>ich</strong> lange entbehrt, hätte zwar lieber Nein gesagt, <strong>ich</strong> sah es ihren Augen an,<br />

aber irgendwie traute sie es s<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t und gab ihre Ein<strong>will</strong>igung. – Na prima! Also in (<strong>ich</strong><br />

glaube) dreieinhalb Wochen ging’s ab in <strong>den</strong> Harz. Aber <strong>da</strong>s war erst in dreieinhalb Wochen;<br />

Waldemar fuhr nach Parchim zurück, und <strong>ich</strong> signalisierte erst einmal meinem Liebhaber Harald,<br />

<strong>da</strong>ss <strong>ich</strong>, wenn auch nur kurz, wieder im Lande wäre. Worauf der Harald, m<strong>ich</strong> so lange<br />

n<strong>ich</strong>t genossen, n<strong>ich</strong>t bis zum kommen<strong>den</strong> Dienstag, dem Ruhetag, warten wollte. Musste er<br />

auch n<strong>ich</strong>t; sein Vater verstand Haralds Drang und <strong>über</strong>nahm umgehend <strong>da</strong>s Lokal. Worauf<br />

Harald und <strong>ich</strong> ebenso umgehend abtauchten. „Na klar, geht man“, sagte zuvor auch Haralds<br />

Mutter, „Rufi hat bestimmt ’ne Menge von diesem Theater zu erzählen, wo er doch jetzt ’n<br />

Star ist. Hat ja sogar in der Zeitung gestan<strong>den</strong>. Hab’ <strong>ich</strong> gelesen, Rufi. Oder muss man jetzt<br />

Rurú zu dir sagen?“ – Nee, musste man n<strong>ich</strong>t.<br />

Haralds erste Frage, als wir allein waren: „Hat d<strong>ich</strong> <strong>da</strong> im Theater einer angefasst? Gab’s<br />

<strong>da</strong> ’nen Homo?“<br />

Ich log. Will sagen, <strong>ich</strong> verneinte die Frage. Und Harald sagte: „Na Gott sei Dank. Ich<br />

hab’ mir schon Sorgen gemacht, du hast <strong>da</strong> vielle<strong>ich</strong>t einen gefun<strong>den</strong>, der besser ist als <strong>ich</strong>.<br />

Ich meine, <strong>ich</strong> bin ja nur Gastwirt, und <strong>da</strong>s sind <strong>da</strong> doch alles Künstler.“ – Was <strong>ich</strong> Dreizehnjähriger<br />

nur schl<strong>ich</strong>t und einfach mit „Was hat’n <strong>da</strong>s <strong>da</strong>mit zu tun? Die sind doch deshalb<br />

n<strong>ich</strong>t besser als du“ beantworten konnte. Und <strong>ich</strong> fügte hinzu, der <strong>ich</strong> (wie auch er) noch in<br />

voller Montur rumstand: „Willst du m<strong>ich</strong> heute n<strong>ich</strong>t auszieh’n?“ – „Doch!“ platzte Harald<br />

heraus und vergaß seine (unsinnigen) Be<strong>den</strong>ken, pellte m<strong>ich</strong>, pellte s<strong>ich</strong> aus <strong>den</strong> Hüllen, fiel<br />

wie schier ausgehungert <strong>über</strong> m<strong>ich</strong> her; und mir war, als würde <strong>ich</strong> je<strong>den</strong> Moment aufgefressen.<br />

Und <strong>ich</strong> erlebte zum ersten Mal, <strong>da</strong>ss Harald, m<strong>ich</strong> gebumst, s<strong>ich</strong> verschossen, seinen<br />

Prügel n<strong>ich</strong>t aus mir rauszog, mir meine Beine n<strong>ich</strong>t von seinen Schultern nahm, sondern nur<br />

still auf mir ruhte, m<strong>ich</strong> küsste und küsste und allmähl<strong>ich</strong>, ganz sacht seine Len<strong>den</strong> wieder in<br />

Gang setzte, <strong>da</strong>zu hauchte, leise hechelte: „Ich brauch’ d<strong>ich</strong>, Rufi... Ich muss d<strong>ich</strong> besitzen,<br />

Rufi... Bitte, Rufi... Halt’s noch mal aus, Rufi –“<br />

Ich nickte zaghaft, <strong>ich</strong> betatschte fahrig seinen haarigen Oberkörper (n<strong>ich</strong>t nur die Brust<br />

d<strong>ich</strong>t behaart); <strong>ich</strong> ließ meine Beine ihm <strong>über</strong> <strong>den</strong> Schulter, <strong>ich</strong> wuselte, ob <strong>ich</strong> es wollte oder<br />

n<strong>ich</strong>t, mit dem Unterkörper, als wollt’ <strong>ich</strong> ihn animieren, <strong>ich</strong> versuchte sogar ein Lächeln, <strong>da</strong>s<br />

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