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den Stab über euch brechen mag wer da will, ich nicht - Hermann W ...

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auftritte absprechen, von der die Partei wollte, <strong>da</strong>ss <strong>ich</strong> sie in ihren propagandistischen Veranstaltungen<br />

bestritt.<br />

Dazu muss <strong>ich</strong> anmerken, <strong>da</strong>ss <strong>ich</strong> inzwischen „von aller Welt“ als angehender Schauspieler<br />

gehandelt und <strong>da</strong>durch Land auf, Land ab zu allen mögl<strong>ich</strong>en und unmögl<strong>ich</strong>en Anlässen<br />

engagiert wurde, Ged<strong>ich</strong>te zu rezitieren. Was weniger meiner bisherigen Theaterarbeit<br />

und <strong>den</strong> mit Waldemar bestrittenen Duo-Programmen geschuldet war, so sehr <strong>da</strong>s eine wie<br />

<strong>da</strong>s andere auch Beachtung gefun<strong>den</strong> hatte. Ausschlaggebend war vielmehr die erstmals<br />

1958/59 von der FDJ initiierte Suche nach „Jungen Talenten“. Man veranstaltete, von regional<br />

bis republikumfassend, entsprechende Wettbe<strong>wer</strong>be, und <strong>ich</strong> war nach und nach in der<br />

Sparte „Künstlerisches Wort“ aus all diesen Wettbe<strong>wer</strong>ben als Preisträger hervorgegangen.<br />

Und <strong>da</strong>s hatte m<strong>ich</strong> bekannt gemacht. Je<strong>den</strong>falls kam <strong>ich</strong> seitdem viel rum, in der Stadt, im<br />

Kreis, im Bezirk und zuweilen auch weit <strong>da</strong>r<strong>über</strong> hinaus: Ich trat in Erscheinung auf Pressefesten,<br />

zu Arbeiterfestspielen, auf propagandistischen Massenveranstaltungen oder bei volksbelustigen<strong>den</strong><br />

Estra<strong>den</strong>programmen zu irgendwelchen Fest- oder Jahrestagen. Das preisgekrönte<br />

„Junge Talent“ aus Xge durfte n<strong>ich</strong>t fehlen. Und nun war <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t mehr Rurú, sondern Rudolf<br />

Rubinek – Rezitator. Aber dies beileibe n<strong>ich</strong>t nur für Partei und FDJ. M<strong>ich</strong> holten auch<br />

andere Organisationen und Institutionen, für die <strong>ich</strong> im unspektakulären Rahmen auftrat: in<br />

Alters- und Pflegeheimen, in Krankenhäusern, bei Rentnernachmittagen der Volkssoli<strong>da</strong>rität,<br />

in Bibliotheken, auf Betriebsfesten oder bei dem einen oder anderen Dorffest sowie (auch<br />

<strong>da</strong>s!) in Kirchen und Gemeindehäusern. – Ich war auf Achse wie sonstwas und meine Zensuren<br />

in der Schule bekam <strong>ich</strong> nahezu gratis. So mancher Lehrer drückte je<strong>den</strong>falls mehr als ein<br />

Auge zu, wenn er mir für eine Leistung ein „gut“ attestierte. N<strong>ich</strong>t in Deutsch, n<strong>ich</strong>t in Musik,<br />

<strong>da</strong> hatte <strong>ich</strong> mir mein „sehr gut“ verdient, aber <strong>da</strong>s durchgängige „gut“ in <strong>den</strong> übrigen Fächern<br />

war oft mehr als geschme<strong>ich</strong>elt. Aber der Rudolf, so wusste man, brauchte <strong>da</strong>s Abitur doch<br />

nur, weil man, um eine Schauspielschule zu erre<strong>ich</strong>en, auch <strong>da</strong>s Abi vorweisen musste. Also<br />

sollte er es haben, und es sollte s<strong>ich</strong> sehen lassen können. Was man so n<strong>ich</strong>t sagte, aber man<br />

verhielt s<strong>ich</strong> entsprechend. Und meine Klassenkamera<strong>den</strong> und -kameradinnen waren n<strong>ich</strong>t<br />

etwa neidisch ob meiner „Sonderbehandlung“. O nein; die fan<strong>den</strong> es in Ordnung. Die mochten<br />

m<strong>ich</strong>, zumal <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t als Star gebärdete. Um Himmels<strong>will</strong>en, solches war mir absolut<br />

fremd. Saß <strong>ich</strong> in der Klasse, war <strong>ich</strong> einer von allen; n<strong>ich</strong>ts Auffälliges an mir zu bemerken.<br />

– Doch dies nur am Rande. Zurück zu diesem R<strong>ich</strong>ard Lademann, der mir im Kino <strong>den</strong><br />

Rachen geströmt hatte und der nun <strong>da</strong>zu ausersehen war, m<strong>ich</strong> auf Parteiveranstaltungen als<br />

„kulturelle Beigabe“ zu verbraten.<br />

Als der Mann mir vorgestellt wurde, verzog er keine irgendwen stutzig machende Miene<br />

und <strong>ich</strong> ließ mir auch n<strong>ich</strong>ts anmerken. Er wie <strong>ich</strong> taten, als begegneten wir uns heuer zum<br />

ersten Mal. Worauf <strong>ich</strong> im Beisein des Genossen, der zuvor für m<strong>ich</strong> zuständig gewesen war,<br />

zwei neue Auftrittsaufträge erhielt, und entsprechend instruiert, ging <strong>ich</strong> meiner Wege.<br />

An die Erfüllung des Auftrags Nummer eins erinnere <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> nur noch vage. Ich hatte<br />

auf einer Parteiveranstaltung im VEB Haushaltsmaschinen<strong>wer</strong>ke in Xge drei oder vier<br />

(schauerl<strong>ich</strong>e) Ged<strong>ich</strong>te von Johannes R. Becher aus dessen Exilzeit in der Sowjetunion zu<br />

rezitieren. Solches absolviert, war’s keinen Ge<strong>da</strong>nken mehr <strong>wer</strong>t.<br />

Die Erfüllung des Auftrags Nummer zwei ist mir <strong>da</strong>für allerdings umso plastischer haften<br />

geblieben. Was weniger an dem Auftritt lag, <strong>den</strong> <strong>ich</strong> zu bestreiten hatte, als vielmehr an <strong>den</strong><br />

Begleitumstän<strong>den</strong>, die <strong>da</strong>mit verbun<strong>den</strong> waren.<br />

Ich trat zum ersten Mal in einer Kaserne der Nationalen Volksarmee auf. In P. Die Partei<br />

„schenkte“ <strong>den</strong> Sol<strong>da</strong>ten ein Frühlingsfest, wozu auch ein literarisches Programm gehörte, <strong>da</strong>s<br />

mir im Kasernenklubhaus zu absolvieren aufgetragen wor<strong>den</strong> war. Etwa eine Stunde „Humo-<br />

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