den Stab über euch brechen mag wer da will, ich nicht - Hermann W ...
den Stab über euch brechen mag wer da will, ich nicht - Hermann W ...
den Stab über euch brechen mag wer da will, ich nicht - Hermann W ...
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Ich, gle<strong>ich</strong>falls zu pinkeln begonnen, nickte, gab aber zu be<strong>den</strong>ken: „Und wenn Herr Lademann<br />
inzwischen abfahren <strong>will</strong>?“ – Worauf der Offizier leise k<strong>ich</strong>erte, sagte: „R<strong>ich</strong>ard?<br />
Das glaub’ mal n<strong>ich</strong>t. Der ist garantiert wieder voll wie immer, wenn er bei uns säuft. Ich lass<br />
d<strong>ich</strong> nachher von einem der Wachhaben<strong>den</strong> nach Hause fahr’n.“<br />
Die Toilette wieder verlassen, hieß m<strong>ich</strong> der Offizier, der inzwischen gesagt hatte, <strong>da</strong>ss er<br />
Dieter hieße, neben der Tür warten. Er ging zu dem Offizier, der an der Tafel links von mir<br />
gesessen hatte, beugte s<strong>ich</strong> zu ihm runter, schien ihm etwas zu sagen. Und <strong>ich</strong> schaute jetzt zu<br />
R<strong>ich</strong>ard Lademann r<strong>über</strong>, und Lademann schien, heftig gestikulierend, wie wild mit dem<br />
Kompaniechef zu debattieren. Na, nach sehr nüchtern sah <strong>da</strong>s nun wirkl<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t aus, eher<br />
schon nach mächtig viel intus. – Und wie <strong>ich</strong> noch so hinschaue, steht plötzl<strong>ich</strong> Dieter wieder<br />
neben mir, und mit ihm der andere Offizier, der ältere.<br />
„Das ist übrigens Björn“, sagte Dieter, „der braucht auch ’n bisschen frische Luft. Hast<br />
doch n<strong>ich</strong>ts <strong>da</strong>gegen, oder?“ – Was sollte <strong>ich</strong> <strong>da</strong>gegen haben, und so sagte <strong>ich</strong> „Nee.“ Und<br />
Björn lächelte m<strong>ich</strong> an und raunte: „Dann <strong>wer</strong><strong>den</strong> wir d<strong>ich</strong> jetzt mal mit ’ner Extratour verwöhnen.“<br />
Wir verließen <strong>den</strong> Speisesaal, in dem es schon mächtig lärmig zuging, und kamen auf <strong>den</strong><br />
Kasernenhof. Empfindl<strong>ich</strong> kühl war’s. Na ja, Anfang Mai eben; die Tage schon angenehm<br />
warm in jenem Jahr, aber die Abende durchaus noch n<strong>ich</strong>t lau. Und <strong>ich</strong> fröstelte sogle<strong>ich</strong>, gab<br />
auf Nachfrage zu, <strong>da</strong>ss mir kalt war, worauf Björn seine Uniformjacke auszog und mir <strong>über</strong><br />
die Schultern hängte, <strong>da</strong>zu sagte: „Auf die frische Luft sollten wir mal lieber verz<strong>ich</strong>ten.<br />
Zweihundert Meter weiter wartet auf uns ein gemütl<strong>ich</strong>es Stübchen.“<br />
Man führte m<strong>ich</strong> an <strong>den</strong> Mannschaftsunterkünften vorbei, an der Krankenstation, an irgendwelchen<br />
Depots und an einer Sportanlage, und diese hinter uns gelassen, sah es nach<br />
einem l<strong>ich</strong>ten Waldstück aus und in ihm stan<strong>den</strong> zweistöckige backsteinerne Gebäude, die<br />
wie Villen im Taschenformat wirkten. „Die haben sie hier vor dem ersten Weltkrieg hingesetzt“,<br />
erklärte mir Björn, „<strong>da</strong>s war hier doch schon zu Kaiser Wilhelms Zeiten ’ne Kaserne,<br />
nur n<strong>ich</strong>t ganz so weitläufig. Was du vorn gesehen hast, <strong>da</strong>s haben erst die Nazis gebaut, aber<br />
<strong>da</strong>s hier, <strong>da</strong>s ist alt. Das sind seit jeher die Offiziersunterkünfte. Und <strong>da</strong> drüben, <strong>da</strong> hausen<br />
Dieter und <strong>ich</strong>. Und noch zwei andre, aber die scher’n uns n<strong>ich</strong>t, die sind noch beim Saufen.<br />
Außerdem wohnen sie oben. Die haben bei uns n<strong>ich</strong>ts zu suchen.“<br />
Wir steuerten <strong>da</strong>s Haus an, auf <strong>da</strong>s Björn gezeigt hatte. Die Haustür <strong>über</strong> fünf oder sechs<br />
aufgemauerte Stufen erre<strong>ich</strong>bar; Freitreppe im Taschenformat.<br />
Dieter die Tür aufgeschlossen, kamen wir in eine Diele mit Treppe ins Obergeschoß; wir<br />
aber blieben im Erdgeschoß. „Geht mal schon rein“, sagte Dieter, „<strong>ich</strong> <strong>wer</strong>f’ erstmal noch ’n<br />
paar Kohlen nach.“ – Gemeint war die Zentralheizung im Keller, wie <strong>ich</strong> vom Björn hörte,<br />
der m<strong>ich</strong> in seine und Dieters Unterkunft führte, und nach dem Gang durch die maikühle<br />
Nacht fand <strong>ich</strong>’s dort angenehm warm.<br />
Das Quartier der bei<strong>den</strong> bestand aus einem schmalen Korridor, zwei Schlafräumen, einem<br />
Aufenthaltsraum sowie der Küche, einem Bad und einer Kammer, in der früher, zu Kaiser<br />
Wilhelms Zeiten, die Offiziersburschen geschlafen hatten. – Und mir <strong>da</strong>s alles gezeigt,<br />
war auch Dieter wieder zur Stelle, und in dessen Schlafzimmer landeten wir <strong>da</strong>nn auch. Ich<br />
wurde umschlungen, liebkost und ging währenddessen sacht-sanft meiner Hüllen verlustig.<br />
Und die Männer waren fast zeitgle<strong>ich</strong> nackt und sackten mit mir auf’s Bett, dessen Schlafdekke<br />
zu Bo<strong>den</strong> raschelte. Und <strong>ich</strong> hörte nur „Rudolf –“ und „Rudolf –“ und „Rudolf –“ und mir<br />
war, als wür<strong>den</strong> meinen Körper ein Dutzend Hände erkun<strong>den</strong>, n<strong>ich</strong>t nur vier, und vier konnten<br />
es doch eigentl<strong>ich</strong> nur sein, aber andererseits – meine Hände verdoppelten, verdreifachten<br />
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