den Stab über euch brechen mag wer da will, ich nicht - Hermann W ...
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<strong>da</strong>s sollten wir. Außerdem kannt’ er <strong>da</strong>s längst. Der hatte im Krieg was mit ’nem Offizier vom<br />
Luftfahrtministerium zu tun gekriegt. Mit einem, der mindestens so’n Bolzen gehabt haben<br />
muss wie <strong>ich</strong>. Je<strong>den</strong>falls war Peter <strong>da</strong>durch... na ja, so r<strong>ich</strong>tig hübsch eng war er n<strong>ich</strong>t mehr.<br />
Aber genommen haben wir ihn trotzdem. Hatten <strong>da</strong>mals nix. Ich n<strong>ich</strong>t, und Vadder auch<br />
n<strong>ich</strong>t.“<br />
Damals, so hörte <strong>ich</strong>, hätte auch Haralds Vater noch Spaß an „so’ner Nummer“ gehabt.<br />
Aber <strong>da</strong>s wäre jetzt n<strong>ich</strong>t mehr sein Fall, jetzt, wo er 62 wäre. Jetzt fickte er <strong>den</strong> Bengels nur<br />
noch ins Maul und geilte s<strong>ich</strong> <strong>da</strong>ran auf, wenn er seinen Sohn bumsen sähe. Was früher ganz<br />
anders gewesen wäre: „Unser Vater hat mit uns Jungs schon Liebe gemacht... also <strong>ich</strong> war<br />
mal grade so neun und Jochen war noch jünger, als er s<strong>ich</strong> <strong>den</strong> <strong>da</strong>s erste Mal vorgenommen<br />
hat.“ Aber <strong>ich</strong> sollte seinem Vater ja n<strong>ich</strong>t sagen, <strong>da</strong>ss <strong>ich</strong> <strong>da</strong>s wüsste. Das würde ihm n<strong>ich</strong>t<br />
gefallen. Darauf wollte er n<strong>ich</strong>t mehr angesprochen <strong>wer</strong><strong>den</strong>, <strong>da</strong>ss er mal kleinen Jungs an <strong>den</strong><br />
Hintern gegangen wäre. Das müsste unter uns bleiben. Und <strong>da</strong>s blieb unter uns. Alle Jahre,<br />
die <strong>ich</strong> Harald und dessen Vater kannte. Wobei der Vater n<strong>ich</strong>t allzu oft <strong>da</strong>zukam, war <strong>ich</strong><br />
beim Harald. Es musste ja immer an Haralds Mutter vorbei passieren. Also war <strong>ich</strong> die meisten<br />
Dienstagnachmittage <strong>den</strong>n doch mit Harald allein, durch <strong>den</strong> <strong>ich</strong> <strong>da</strong>nn plötzl<strong>ich</strong> auch Taschengeld<br />
hatte; zu Hause bekam <strong>ich</strong> ja keins. Und nun gab’s wöchentl<strong>ich</strong> welches. Bis 1960,<br />
<strong>ich</strong> knapp 17. Da hauten die Gastwirtsleute ab in <strong>den</strong> Westen. Aber n<strong>ich</strong>t aus politischen<br />
Grün<strong>den</strong>, hieß es in Xge. Da soll was mit der Buchführung n<strong>ich</strong>t gestimmt haben und irgendwas<br />
mit einer Kreditaufnahme soll auch n<strong>ich</strong>t koscher gewesen sein. Je<strong>den</strong>falls hauten Harald<br />
und seine Eltern ab. Und der Jochen blieb in der Anstalt in Lobetal. Dort sah <strong>ich</strong> ihn 1962/63,<br />
als <strong>ich</strong> mit 19 ein diakonisches Praktikum absolvierte. Aber erkannt hat m<strong>ich</strong> der Jochen<br />
n<strong>ich</strong>t. Und was im Westen aus Harald gewor<strong>den</strong> ist, weiß <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t. Wenn er noch lebt, ist er<br />
heutzutage fast 90, und sein Glanz, der m<strong>ich</strong> einst faszinierte, m<strong>ich</strong> alles ertragen ließ, ist garantiert<br />
schon eine lange Weile verbl<strong>ich</strong>en. – Schade.<br />
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Habe soeben <strong>über</strong>flogen, was <strong>ich</strong> bisher <strong>über</strong> mein frühes Sexualleben notiert habe. – Na<br />
ja, was soll <strong>ich</strong> sagen: Ich habe alle Zeit, die <strong>ich</strong> Harald kannte, n<strong>ich</strong>t begriffen, auf welchem<br />
Terrain <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> mit ihm und mit mach anderem Mann bewegte. Ich wusste, <strong>da</strong>ss <strong>da</strong>s, was <strong>ich</strong><br />
tat, verboten war; <strong>da</strong>s <strong>ich</strong>’s n<strong>ich</strong>t durfte. Aber <strong>da</strong>ss <strong>da</strong>s, was die Männer mit mir taten, n<strong>ich</strong>t<br />
rechtens war, wusste <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t. – Klingt absurd, war aber so, und war der Zeit geschuldet; <strong>den</strong><br />
50-er Jahren.<br />
Übrigens waren s<strong>ich</strong> die Männer – warum auch immer – ganz und gar s<strong>ich</strong>er, <strong>da</strong>ss <strong>ich</strong> <strong>den</strong><br />
Mund hielt. Immer seltener ward <strong>ich</strong> <strong>da</strong>rauf hingewiesen, <strong>da</strong>ss <strong>ich</strong> ja n<strong>ich</strong>t irgendwo irgendwas<br />
erzählte. Selbst wenn <strong>ich</strong> jämmerl<strong>ich</strong> gejammert hatte, schienen die Kerle s<strong>ich</strong>er zu sein,<br />
<strong>da</strong>ss sie durch m<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t aufflogen. Was mir bis heute ein Rätsel ist, <strong>da</strong>ss sie bei mir schier<br />
durchgängig so sorglos waren, so s<strong>ich</strong>er, <strong>da</strong>ss <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>ts rauslassen würde. Woran merkte man<br />
<strong>da</strong>s? – Ich kann’s n<strong>ich</strong>t beantworten. Es war halt so. Man zog m<strong>ich</strong> an s<strong>ich</strong>, man nahm m<strong>ich</strong><br />
beiseite, man kühlte an mir sein Mütchen, man schickte m<strong>ich</strong> nach Hause. Und n<strong>ich</strong>t selten,<br />
sollte <strong>ich</strong> wiederkommen. Warum? Weil <strong>ich</strong> so le<strong>ich</strong>t zu handhaben war? So anschmiegsam,<br />
immer folgsam, wie man’s brauchte benutzbar? – Ja, <strong>ich</strong> <strong>den</strong>ke schon, <strong>da</strong>ss allen einschlägig<br />
orientierten Männern nahezu auf Anhieb klar war, mit mir konnte man’s machen. Was ja auch<br />
kein Wunder war: Wer mir an die Hose kam oder/und mir seinen Schwanz zeigte, dem war<br />
<strong>ich</strong> – Angst hin, Schmerzempfindl<strong>ich</strong>keit her – verfallen. Wie von selbst setzten s<strong>ich</strong> meine<br />
Beinchen in Gang, wenn es hieß: „Na komm mal mit, mein Hübscher, lass dir was Gutes tun.<br />
Ach Gott, bist du niedl<strong>ich</strong>.“ – Solches zog immer. Keine noch so schlimme Erfahrung machte<br />
m<strong>ich</strong> letztl<strong>ich</strong> zögern. Und n<strong>ich</strong>t selten bot <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> geradezu an. Immer häufiger, immer offens<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong>er,<br />
um der Wahrheit die Ehre zu geben. Wer nach Beute ausspähte, musste m<strong>ich</strong><br />
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