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Der Bologna-Prozess aus Sicht der Hochschulforschung

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Seite 14 | Zwischen Kritik und Empirie – Wie wirksam ist <strong>der</strong> <strong>Bologna</strong>-<strong>Prozess</strong>?<br />

Informatik und Erziehungswissenschaften ein gutes Arbeitsklima an, doch nur 60 % sehen<br />

sich in ein solches eingebettet. Hier besteht demnach Handlungsbedarf.<br />

Werden Studierende gefragt, welche Lehre ihnen den größten Lernerfolg bringt, nennen sie<br />

vor allem zwei Arten: Eine wissenschaftsorientierte Lehre, die auf Forschung verweist o<strong>der</strong><br />

zu eigener Forschung anhält, und eine zuwendungsintensive Lehre, bei <strong>der</strong> die persönliche<br />

Betreuung und Ansprache im Vor<strong>der</strong>grund steht, so eines <strong>der</strong> Hauptergebnisse des<br />

Forschungsprojekts von Margret Bülow-Schramm, Marianne Merkt und Hilke Rebenstorf. Die<br />

Wissenschaftlerinnen können zudem nachweisen, dass die soziale Herkunft für den<br />

Studienerfolg eine weit geringere Rolle spielt als bisher angenommen. Hingegen haben<br />

Personen, die vor <strong>der</strong> Aufnahme eines Studiums Berufserfahrung sammeln konnten, Vorteile<br />

beim Erwerb von entsprechendem Professionswissen. In Ergänzung dazu geben Mechthild<br />

Oechsle, Ingrid Scharlau, Gudrun Hessler und Kathrin Günnewig Einblick in empirische<br />

Befunde zu den Erwartungen Studieren<strong>der</strong> an die Vermittlung von Berufs- und Praxiswissen.<br />

Demnach entwickeln Studierende unterschiedlicher Fachrichtungen ebenso unterschiedliche<br />

Vorstellungen, was Professionalität innerhalb und außerhalb <strong>der</strong> Wissenschaft bedeutet.<br />

Entsprechend variiert auch <strong>der</strong> Bedarf nach Praxisbezug im Studium. Für die Gestaltung <strong>der</strong><br />

Lehre impliziert das, dass nur auf Basis einer möglichst genau reflektierten Definition von<br />

„Berufsfähigkeit“ entsprechend differenzierte, fachspezifische Angebote gemacht werden<br />

können. Dazu geben die Forscherinnen Anregungen.<br />

3.4. Institutionelle Rahmenbedingungen<br />

Die studiengangbezogenen und didaktischen Reformprojekte führen eindrucksvoll vor<br />

Augen, wie vielschichtig und mehrdimensional <strong>der</strong> laufende Verän<strong>der</strong>ungsprozess ist. Er<br />

betrifft weite Teile <strong>der</strong> Institution, und zwar nicht nur vorrübergehend, son<strong>der</strong>n auf längere<br />

<strong>Sicht</strong>. Um unter diesen Vor<strong>aus</strong>setzungen handlungsfähig sein zu können, benötigen<br />

Hochschulen eine adäquate interne Koordination und Organisation o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>s <strong>aus</strong>gedrückt<br />

geeignete institutionelle Rahmenbedingungen.<br />

Für <strong>der</strong>en Schaffung sind vor allem die Hochschulleitungen verantwortlich. Dabei fällt den<br />

Mitglie<strong>der</strong>n von Rektoraten bzw. Präsidien oftmals die schwierige Aufgabe zu, zwischen den<br />

individuellen Interessen des wissenschaftlichen Personals und den Interessen <strong>der</strong> Institution<br />

vermitteln zu müssen. Wie bereits dargestellt, ist ein beson<strong>der</strong>s vehement <strong>aus</strong>getragener<br />

Zielkonflikt <strong>der</strong> <strong>der</strong> unterschiedlichen Gewichtung von Forschung und Lehre: Während die<br />

<strong>Bologna</strong>-Reformen auf eine Aufwertung von Lehre und Studium abzielen und von den<br />

Wissenschaftler(inne)n entsprechend verlangen, diesem Bereich mehr Aufmerksamkeit zu<br />

widmen, honoriert das wissenschaftliche Reputationssystem in erster Linie Forschungserfolge.<br />

Wie mit dieser Situation umzugehen ist, analysieren Wiebke Esdar, Julia Gorges,<br />

Katharina Kloke, Georg Krücken und Elke Wild. Dabei konzentrieren sie sich auf die Gruppe<br />

<strong>der</strong> Nachwuchswissenschaftler(innen). Diese sind mit Lehraufgaben häufig stark belastetet,<br />

stehen aber zugleich unter hohem forscherischen Leistungsdruck, weil sie ihre Karriere noch<br />

vor sich haben. Mit den dar<strong>aus</strong> resultierenden Zeitproblemen fühlen sich die<br />

Nachwuchswissenschaftler(innen) häufig alleine gelassen, worunter sowohl die Forschungs-<br />

als auch die Lehraktivitäten leiden. Das wie<strong>der</strong>um kann nicht im Interesse <strong>der</strong> Institution<br />

„Hochschule“ sein. Um diesen Zielkonflikt zu lösen, könnten sich Hochschulleitungen<br />

beispielsweise für die Verabschiedung von Leitsätzen für eine Betreuungskultur in den<br />

Fakultäten einsetzen o<strong>der</strong> Regelungen zur Arbeitszeitverteilung schaffen, so die<br />

Empfehlungen des Forscherteams. Wichtig ist es <strong>aus</strong> ihrer <strong>Sicht</strong> vor allem, für eine bessere

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