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Der Bologna-Prozess aus Sicht der Hochschulforschung

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Seite 196 | Lehre unter den Forschungshut bringen<br />

Kernaufgaben und -konflikt. Diese drei analytisch trennbaren, in konkreten Handlungssituationen<br />

jedoch eng verwobenen Aspekte werden im Folgenden kurz erläutert.<br />

3.1. Zielkonflikte aufgrund begrenzter finanzieller Ressourcen<br />

Als Grundkonflikt identifizierten die Hochschulleitungen eine stagnierende bzw. sinkende<br />

Finanzierung bei immer ambitionierteren Absolventenzahlen und gleichzeitiger For<strong>der</strong>ung<br />

nach exzellenter Forschung. Die chronische Unterfinanzierung schränke den Handlungsspielraum<br />

in beiden Kernfel<strong>der</strong>n universitären Handelns bereits so stark ein, dass an<strong>der</strong>e,<br />

neuere Ziele und Anfor<strong>der</strong>ungen, wie wir sie zuvor benannt haben, demgegenüber eher eine<br />

untergeordnete Rolle spielen müssten. Bereits hier wird deutlich, dass Zielkonflikte auf<br />

organisationaler Ebene vornehmlich auf begrenzte finanzielle Ressourcen zurückgeführt<br />

werden.<br />

3.2. Das Selbstverständnis <strong>der</strong> Hochschulen<br />

Weitere Zielkonflikte, die auch für universitäre Lehre von Bedeutung sind, beziehen sich auf<br />

das Verhältnis von Staat und Universität (hier: externe Zielvorgaben vs. Hochschulautonomie)<br />

sowie auf das Verhältnis von zentraler und dezentraler Ebene (hier: strategische<br />

Steuerung vs. Stärkung <strong>der</strong> Eigenverantwortlichkeit <strong>der</strong> Fakultäten). <strong>Der</strong>artige Zielkonflikte<br />

sind nicht mit Ressourcenkonflikten identisch und beziehen sich unmittelbar auf Fragen <strong>der</strong><br />

Hochschulsteuerung („Governance“).<br />

Grundlegend treffen traditionelle Strukturen hier auf neue Selbstverständnisse und<br />

organisationale Ziele. Aus neo-institutionalistischer Perspektive können Hochschulen als<br />

lose gekoppelte Systeme beschrieben werden, <strong>der</strong>en Kennzeichen es ist, dass einzelne<br />

Teilsysteme mit unterschiedlichen Funktions- und Ordnungsprinzipien nebeneinan<strong>der</strong><br />

bestehen und übergeordneten Leitungsstrukturen nur geringe Einflussmöglichkeiten<br />

zugestanden werden (Krücken/Röbken 2009, S. 333). Dieses Verständnis wird zunehmend<br />

von einem Selbstverständnis überlagert, demzufolge die Hochschule eine einheitliche,<br />

handlungs-, entscheidungs- und strategiefähige organisationale Akteurin ist. Innerhalb<br />

dieses Spannungsverhältnisses bewegen sich die von uns befragten Hochschulleitungen,<br />

indem sie einerseits die Zuschreibung als handelnde Akteurinnen und Akteure für die<br />

Gesamtorganisation übernehmen, an<strong>der</strong>erseits aber aufgrund <strong>der</strong> weiterhin bestehenden<br />

losen Kopplung begrenzte direkte Einflussmöglichkeiten von <strong>der</strong> (Gesamt-)Organisationsebene<br />

auf einzelne Teilsysteme wie insbeson<strong>der</strong>e Fakultäten sehen.<br />

Im Hinblick auf die in unserem Projekt im Vor<strong>der</strong>grund stehende Fragestellung zeigt sich,<br />

dass angesichts des zuvor skizzierten Spannungsverhältnisses anstelle einer direkten<br />

Steuerung in <strong>der</strong> Regel indirekte Einflussmöglichkeiten gesucht werden. Direkte<br />

Einflussmöglichkeiten durch Schaffung hochschulweiter Richtlinien, etwa in Form<br />

verbindlicher Promotionsbestimmungen und -handbücher, werden kaum gesehen<br />

beziehungsweise als wenig zweckdienlich erachtet. Vielmehr wird <strong>der</strong> Angebots- und<br />

Freiwilligkeitscharakter von unterstützenden Maßnahmen betont. Hier spielen insbeson<strong>der</strong>e<br />

die von uns untersuchten Supporteinrichtungen eine wichtige Rolle, da sie als wichtiges<br />

Bindeglied zwischen <strong>der</strong> Hochschulleitung und den Fakultäten fungieren (sollen), indem sie<br />

organisationale Ziele an die einzelnen Wissenschaftler(innen) kommunizieren und vielfältige<br />

(zentral finanzierte) Unterstützungsleistungen bereitstellen. Die Mitarbeiter(innen) wie<strong>der</strong>um<br />

betonen, dass sie in beson<strong>der</strong>er Weise auf die Hochschulleitung angewiesen seien, da sie<br />

we<strong>der</strong> auf die Interessen und das Nachfrageverhalten von Nachwuchswissenschaftler(innen)

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