Der Bologna-Prozess aus Sicht der Hochschulforschung
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Seite 264 | Kompetenzorientierte Lehrveranstaltungsevaluation<br />
Die Items des BEvaKomp erfragen <strong>aus</strong>drücklich den Zuwachs in verschiedenen Kompetenzbereichen,<br />
da hier <strong>der</strong> Erwerb <strong>der</strong> jeweiligen Kompetenzen von Interesse ist und nicht <strong>der</strong><br />
Kompetenzstand. Einzige Ausnahme bildet <strong>der</strong> Bereich Fachkompetenz; hier wird konkret<br />
nach dem Kompetenzstand gefragt. Wenn Teilnehmende nach dem Besuch einer<br />
Lehrveranstaltung feststellen, dass sie das behandelte Thema/Fachwissen verstanden<br />
haben und anwenden können, ist das Ziel einer Lehrveranstaltung erreicht (vgl. Braun 2008).<br />
3.3. <strong>Der</strong> Nutzen von kompetenzorientierten<br />
Lehrveranstaltungsevaluationsinstrumenten zur<br />
Reformgestaltung<br />
3.3.1. Auswirkungen auf Lehren und Lernen<br />
Bereits in den 90er Jahren wurde gefor<strong>der</strong>t, dass im Rahmen akademischer<br />
Weiterentwicklungen <strong>der</strong> Fokus in erster Linie auf den subjektiven Ansichten <strong>der</strong> Lehrenden<br />
über das Lernen liegen soll und nicht auf dem konkreten Lehrverhalten (vgl. z.B. Kember<br />
1997; Trigwell/Prosser 1996b). <strong>Der</strong> Grund ist, dass diese Konzepte des Lehrens und<br />
Lernens in großem Maße die Gestaltung <strong>der</strong> Lehre beeinflussen. Allerdings generieren<br />
traditionelle (prozess- und strukturorientierte) Evaluationsinstrumente Rückmeldungen über<br />
konkrete Eigenschaften <strong>der</strong> Lehrenden und ihrer Lehre, welche die Lehrperson dann in<br />
zukünftigen Lehrveranstaltungen „leicht“ umsetzen kann. So ist es nicht unwahrscheinlich,<br />
dass Lehrende sich nach dieser Art <strong>der</strong> Rückmeldung vermehrt Gedanken über sich selbst<br />
machen und darüber, wie sie auf die Studierenden wirken. Kompetenzorientierte<br />
Evaluationsinstrumente erzeugen hingegen Rückmeldungen über den Kompetenzzuwachs<br />
<strong>der</strong> Studierenden. Somit werden Lehrpersonen an ihre „neue“ Aufgabe, die För<strong>der</strong>ung von<br />
fachlichen sowie überfachlichen Kompetenzen <strong>der</strong> Studierenden, gewöhnt. Außerdem erhöht<br />
sich die Wahrscheinlichkeit, dass die zugrunde liegenden Konzepte über Lehren und Lernen<br />
reflektiert werden. <strong>Der</strong> Auswertungsbericht einer kompetenzorientierten Lehrevaluation bietet<br />
keine konkreten Hinweise darauf, wie <strong>der</strong>/die Lehrende die Lehre verbessern kann, son<strong>der</strong>n<br />
<strong>aus</strong>schließlich, welche Kompetenzbereiche in den Augen <strong>der</strong> Studierenden gut o<strong>der</strong> weniger<br />
gut geför<strong>der</strong>t wurden. Die Lehrenden müssen sich selbst Gedanken darüber machen, wie sie<br />
die gewünschten Kompetenzzuwächse bei ihren Studierenden erreichen können, unter<br />
Umständen auch mit welchem Lehrverhalten.<br />
Allerdings ist die Än<strong>der</strong>ung dieser zugrunde liegenden Konzepte ein langer und schwieriger<br />
Weg. So haben Studien gezeigt (Postareff/Lindblom-Ylänne/Nevgi 2007; 2008), dass eine<br />
Verän<strong>der</strong>ung von Lehreinstellungen mit einem längerfristigen <strong>Prozess</strong> einhergeht. Ein erster<br />
Schritt beinhaltet eine kritische Selbstreflexion, die sich in einer weniger positiven<br />
Einschätzung <strong>der</strong> eigenen Lehreinstellung nie<strong>der</strong>schlagen kann, aber langfristig zu einer<br />
verbesserten Einschätzung <strong>der</strong> eigenen Lehre führt. Lehrevaluationen werden meistens als<br />
Teil eines Qualitätssicherungssystems und als Personalentwicklungsmaßnahme verstanden.<br />
Sie werden in den meisten Fällen regelmäßig durchgeführt. So haben kompetenzorientierte<br />
Evaluationen das Potenzial, die Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Lehrorientierung und <strong>der</strong> zugrunde liegenden<br />
Konzepte langfristig zu stimulieren und so Anpassungen <strong>der</strong> eigenen Überzeugungen zu<br />
ermöglichen.<br />
Befragungen <strong>der</strong> Autor(inn)en zeigen, dass Lehrende sich tatsächlich unterschiedliche<br />
Gedanken machen, je nachdem ob sie Rückmeldungen durch ein traditionelles o<strong>der</strong> ein<br />
kompetenzorientiertes Evaluationsinstrument erhalten. Lehrende, die Auswertungen eines