Der Bologna-Prozess aus Sicht der Hochschulforschung
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Seite 42 | Bestandsaufnahme in 48 europäischen Hochschulsystemen<br />
lang und indirekt ist. Umstritten ist sowohl das Verhältnis von Qualitätssicherung und Qualität<br />
als auch zwischen Programmqualität und <strong>der</strong> Studienwirklichkeit. Die Implementierung <strong>der</strong><br />
„European Standards and Guidelines“ garantiert nicht, dass <strong>der</strong>/die einzelne Studierende<br />
bessere Erfahrungen macht als in einem Hochschulsystem, einer Hochschule o<strong>der</strong> einem<br />
Studiengang, in dem dies nicht <strong>der</strong> Fall ist. Es ist aufgrund <strong>der</strong> vielfältigen Wechselwirkungen<br />
fast unmöglich, Qualitätssicherung isoliert von an<strong>der</strong>en Faktoren und Instrumenten zu<br />
beurteilen. Dies heißt nicht, dass die gegenwärtigen Bemühungen um die Einführung und<br />
Verbesserung nationaler Qualitätssicherungssysteme aufgegeben werden sollten, son<strong>der</strong>n<br />
dass sie in jedem Fall konkrete Maßnahmen zur unmittelbaren Verbesserung <strong>der</strong><br />
studentischen Lernerfahrung beinhalten müssen, wie z.B. regelmäßige Überprüfung und<br />
Überarbeitung <strong>der</strong> Studiengänge, Studierenden- und Absolventenbefragungen auf <strong>der</strong><br />
Ebene von Veranstaltungen, Studiengängen und Hochschulen, Studienabbruchstatistiken,<br />
Unterstützungsprogramme für abbruchgefährdete Studierende etc. Da hier ein beson<strong>der</strong>er<br />
Bedarf nach Daten besteht, die Akteurinnen und Akteuren in den Hochschulen und<br />
zuständigen Ministerien Orientierung für unmittelbare Verbesserungen bieten, müsste man in<br />
diesem Bereich über Inhalt und Nutzen standardisierter Datenerhebung für den<br />
europäischen Hochschulraum beson<strong>der</strong>s gut nachdenken.<br />
4. Vergleichbarkeit und Anerkennung<br />
4.1. Qualifikationsrahmen<br />
4.1.1. Reformwirkungen<br />
Die Einführung von Qualifikationsrahmen wurde im Jahr 2003 in den Katalog <strong>der</strong> <strong>Bologna</strong>-<br />
Ziele aufgenommen. Ihnen kommt eine Schlüsselstellung zu zwischen Studienstrukturen,<br />
Qualitätssicherung, Anerkennung von Studienleistungen und <strong>der</strong> sozialen Dimension. Bisher<br />
wurden in acht <strong>der</strong> am <strong>Bologna</strong>-<strong>Prozess</strong> beteiligten Hochschulsysteme nationale<br />
Qualifikationsrahmen eingeführt, die sich an einem auf europäischer Ebene vereinbarten<br />
Meta-Qualifikationsrahmen (Framework of Qualifikations for the EHEEA) orientieren.<br />
Qualifikationsrahmen sind auch ein Instrument, durch welches das Prinzip <strong>der</strong> Kompetenz-<br />
und Ergebnisorientierung Verbreitung finden soll. Bisher sind die Wirkungen auf Studierende<br />
noch minimal. In den Län<strong>der</strong>n scheint eine leichte Präferenz für fachbezogene<br />
Qualifikationsrahmen zu bestehen. Allerdings gibt es hier auch Hinweise auf eine Tendenz<br />
zu detaillierten Vorgaben und einer oberflächlichen Erfüllung durch Hochschulen (Allais<br />
2007; Blackmur 2004), die wenig Nutzen für Studierende bringt (Rauhvargers et al. 2009).<br />
4.1.2. Implikationen und Her<strong>aus</strong>for<strong>der</strong>ungen<br />
Zur Beurteilung <strong>der</strong> Wirkung von Qualifikationsrahmen und <strong>der</strong> in diesem Kontext<br />
gefor<strong>der</strong>ten Orientierung an „Learning Outcomes“ liegen noch keine systematischen Daten<br />
vor. Letztlich hängt die Wirkung von Qualifikationsrahmen von <strong>der</strong> Interpretation und<br />
Umsetzung auf Fächer-, Hochschul- und Studiengangebene ab. Nur wenn Akteurinnen und<br />
Akteure auf diesen Ebenen von <strong>der</strong> Sinnhaftigkeit des Instruments überzeugt sind, kann es<br />
seine Reformwirkung jenseits purer Formaldefinitionen entfalten. Die Frage, ob Studierende<br />
mit dem Konzept des „Qualifikationsrahmens“ vertraut sind, ist zudem weniger wichtig als die<br />
Frage, ob sich ihre Lernerfahrungen durch dessen Einführung verän<strong>der</strong>t – ein Aspekt, <strong>der</strong><br />
beson<strong>der</strong>s schwer empirisch zu erfassen ist.