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Der Bologna-Prozess aus Sicht der Hochschulforschung

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Lehrkompetenz und Kompetenzentwicklung bei Studierenden | Seite 165<br />

<strong>der</strong> Universität unabhängig vom fachkulturellen Kontext wissenschaftliche Bereiche, in denen<br />

ein für kreatives Arbeiten ungünstiges Klima herrscht. Für eine wissenschaftliche Einrichtung<br />

ein eher ernüchterndes Ergebnis.<br />

Die befragten Professor(inn)en <strong>der</strong> ersten Erhebungswelle bezeichnen vor allem die<br />

Entwicklung von etwas „Neuem“ als kreative Leistung. Allerdings fällt bei <strong>der</strong> Onlinebefragung<br />

nur gut ein Fünftel aller Äußerungen in diese Kategorie. Nur zu einem kleineren<br />

Teil erwarten Lehrende tatsächlich neue und originelle Lösungen o<strong>der</strong> das Aufwerfen neuer<br />

Fragen von ihren Studierenden. <strong>Der</strong> überwiegende Anteil <strong>der</strong> Äußerungen bezieht sich<br />

dagegen eher auf Bereiche, in denen es darum geht, Probleme o<strong>der</strong> Aufgabenstellungen zu<br />

verstehen, zu durchdringen und Gewohntes zu hinterfragen. Zu einem großen Teil<br />

bezeichnen Lehrende bereits die für Kreativität zweifelsohne erfor<strong>der</strong>liche (intrinsische)<br />

Motivation, Eigeninitiative und einen selbstständigen Lern- und Arbeitsstil als kreative<br />

Leistung. Es ist anzunehmen, dass die her<strong>aus</strong>gearbeiteten Kreativitätskonzepte <strong>der</strong><br />

Lehrenden u.a. durch das geprägt sind, was sie an studentischen Leistungen in ihrer Lehre<br />

erleben. Gleichzeitig zeigen Forschungsergebnisse, dass die Entstehung kreativer<br />

Leistungen auch wesentlich von kreativitätsför<strong>der</strong>lichen Rahmenbedingungen abhängt.<br />

Möglicherweise passen sich die Erwartungen <strong>der</strong> Lehrenden, die von ihnen bereitgestellten<br />

Lehr-/Lernszenarien und die Leistungen <strong>der</strong> Studierende in einem Erwartungs-Leistungs-<br />

<strong>Prozess</strong> aneinan<strong>der</strong> an. Diese These gilt es in weiteren Studien eingehen<strong>der</strong> zu<br />

untersuchen.<br />

Fachkulturelle Unterschiede zeigen sich vor allem in <strong>der</strong> Kategorie <strong>der</strong> Generierung neuer<br />

Lösungen. Die Informatik kultiviert hier einen eher lösungsorientierten Kreativitätsansatz, in<br />

dem es darum geht, neue, informatikspezifische Produkte zu entwickeln, während die<br />

Erziehungswissenschaft einen eher entdeckend-hinterfragenden Ansatz verfolgt, <strong>der</strong> auf das<br />

Generieren neuer Fragestellungen und Forschungsmethoden abzielt. Es dürfte interessant<br />

sein zu untersuchen, ob sich diese Ansätze nur <strong>aus</strong> einer bestimmten Lehrtradition her<strong>aus</strong><br />

entwickelt haben o<strong>der</strong> ob sie die Spezifika des jeweiligen Faches wi<strong>der</strong>spiegeln. Letztendlich<br />

führt das zu <strong>der</strong> hochschuldidaktischen Frage, welche Art von kreativitätsför<strong>der</strong>lichen Lehr-/<br />

Lernangeboten für beide Fächer entwickelt werden kann. Bezeichnend für die Erziehungswissenschaft<br />

ist darüber hin<strong>aus</strong> eine spezifische Form von Kreativität, die sich nicht auf die<br />

inhaltlich-fachlichen Aspekte, son<strong>der</strong>n auf <strong>der</strong>en methodische Präsentation bezieht.<br />

Eine weitere wichtige Frage bezog sich auf den Zusammenhang von Fachwissen und<br />

Kreativität, den die meisten Befragten für essenziell halten: Ohne Expertise keine Kreativität.<br />

Allerdings besteht keine einheitliche Meinung, wann Kreativität vor dem Hintergrund dieser<br />

Einschätzung sinnvoll in das Studium integriert werden kann. Vor allem die befragten<br />

Breitenforscher(innen) siedeln kreative Anfor<strong>der</strong>ungen an Studierende nur in den höheren<br />

Semestern an, nach dem ein gehöriges Maß an Fachwissen erworben wurde. Die befragten<br />

Spitzenforscher(innen) und das Gros <strong>der</strong> Befragten <strong>der</strong> Onlineerhebung sehen jedoch auch<br />

Möglichkeiten, bereits in den ersten Semestern die Kreativität <strong>der</strong> Studierenden zu för<strong>der</strong>n<br />

und zu for<strong>der</strong>n.<br />

Zusammenfassend lassen sich <strong>aus</strong> unserer Befragung Tendenzen erkennen, dass die<br />

Professor(inn)en, die wir in dieser Studie als Breitenforscher(innen) bezeichnet haben, eher<br />

die „Kreativitätskonservativen“ sind. Sie scheinen Kreativität, so wie es auch einer <strong>der</strong><br />

befragten Spitzenforscher(innen) beschrieben hat, eher auf ihren Berufsstand zu beziehen:<br />

Ihr Team ist für sie eher eine Ressource zur Bewältigung alltäglicher Aufgaben als eine<br />

Ressource für Kreativität, ihre Studierenden sind eher Personen, die Fachwissen anhäufen

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