Theologinnen 23 - Konvent evangelischer Theologinnen
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der griechisch-orthodoxen Gemeinde an der Ungererstraße erlebte wahre Blütenzeiten.<br />
Die evangelische Pfarrerin war keineswegs, wie Bischof Dietzfelbinger warnte,<br />
ein Hindernis für die Ökumene! In bester Erinnerung ist mir ein ökumenischer Gottesdienst<br />
an einem Ostermontag in unserer Kirche zum Thema „Taufe, das Sakrament<br />
der Einheit“. Wir stellten unsere verschiedenen Taufriten vor und jede Konfession<br />
brachte ein Osterzeichen mit. Evangelisch die Osterkerzen, katholisch geweihtes Osterbrot,<br />
griechisch Wein und rote Eier. Es entwickelte sich auch eine ökumenische<br />
Umwelt- und Friedensgruppe, die Aktion e. Sie war die erste Gruppe ihrer Art. Themen<br />
waren Klimaschutz, Waldsterben, Wiederaufrüstung und natürlich die Folgen von<br />
Tschernobyl. Wie gut, dass wir als Beraterinnen Fachleute aus dem Max-Planck-<br />
Institut hinzuziehen konnten. Beim Straßenfest hatte die Aktion e einen Infostand. Wir<br />
staunten, wie mit den bescheidenen Anfängen der Solartechnologie, ein Spiegelei<br />
gebraten werden konnte. Diese Aktivitäten wurden nicht kritiklos hingenommen; ich<br />
musste viel theologisch argumentieren, im Kirchenvorstand, in Einzelgesprächen und<br />
in der Predigt. Es gab z.B. Predigtnachgespräche bei denen kritisch über das Gesagte<br />
gesprochen wurde. Und immer ging es dabei um die Frage, wozu verpflichtet Christen<br />
der erste Satz unseres Glaubensbekenntnisses „ich glaube an Gott den Vater, den Allmächtigen,<br />
den Schöpfer Himmels und der Erde“. Wir können die Schöpfung zwar<br />
nicht bewahren, aber wir können verantwortungsvoll mit allen Geschöpfen umgehen.<br />
Während dieser 17 Jahre meiner Tätigkeit in der Nikodemuskirche wurde ich zweimal<br />
vom Pfarrkapitel München-Nord zur Seniorin gewählt Dies hieß damals Vertrauensfrau<br />
der Pfarrer und Stellvertreterin des Dekans.<br />
Zu Weihnachten 1987 besuchte ein Gemeindeglied im Auftrag von Amnesty International<br />
die lutherische Kirche in El Salvador. Als Gruß unserer Gemeinde überreichte er im<br />
Weihnachtsgottesdienst in San Salvador eine Vaterunserkerze. Der lutherische Bischof<br />
Gomez war gefoltert worden und alle lutherischen Christen bedrohte man. Kurz zuvor<br />
war Erzbischof Romero ermordet worden wegen seines Einsatzes für die Armen im<br />
tobenden Bürgerkrieg.<br />
Unserem Gemeindeglied wurde von Bischof Gomez ein lateinamerikanisches Kreuz<br />
überreicht; es steht bis heute auf dem Altar der Nikodemuskirche. Nach vielen Bemühungen<br />
unserer Kirchenleitung konnte 1988 Bischof Gomez unsere Gemeinde besuchen.<br />
Er bat uns, betet für uns – von da an geschah dies in jedem Gottesdienst. So<br />
entstand eine Partnerschaft zwischen unseren Gemeinden, die sich später zur Partnerschaft<br />
des Dekanats München erweiterte. Ich freute mich über die Stola, die mir Bischof<br />
Gomez bei seinem ersten Besuch überreichte. Später kam eine handgestickte<br />
Stola dazu von Frauen aus El Salvador. Für diese ausgedehnte Gemeindearbeit gewann<br />
ich immer wieder Kraft aus sorgfältig gestalteten Gottesdiensten und intensiven<br />
Abendmahlsfeiern. Ganz im Sinne von Bischof Gomez: Aller Dienst geht vom Altar aus.<br />
Am 12. 6. 1994 verabschiedete ich mich im Gottesdienst von der Gemeinde mit Psalm<br />
107,1 „Danket dem Herrn, denn er ist freundlich und seine Güte währet ewiglich“. Am<br />
Ende meiner Amtsjahre stand ein großes Danke für die Kraft, die Gott mir schenkte<br />
<strong>Theologinnen</strong> <strong>23</strong> / September 2010 99