Theologinnen 23 - Konvent evangelischer Theologinnen
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auch von Seiten der Kleriker entstanden sind“ (S. 82-89) oder wie eine Frau sich<br />
dezidiert als „Priesterin für die Armen“ versteht und einsetzt (S. 117-127). Fast<br />
alle Berichte beschreiben, wie in den Hauskirchen gelebt und gefeiert wird. Die<br />
Bandbreite der Berufe wie der Lebensentwürfe unter den Priesterinnen ist groß<br />
und alle arbeiten als so genannte Arbeiterpriesterinnen, indem sie neben ihrer<br />
Berufung zum geistlichen Dienst einer Erwerbstätigkeit nachgehen, sofern sie davon<br />
leben müssen.<br />
Patricia Fresen, promovierte Theologin, geweihte Bischöfin und Ausbildungsleiterin<br />
insbesondere für den englischsprachigen Bereich, erklärt, dass es um ein erneuertes<br />
Priestertum in einer erneuerten Kirche geht und nicht nur um die Einforderung<br />
gleicher Rechte für Frauen. Sie schreibt: „Wenn wir Frauen ordinieren,<br />
restrukturieren, reformieren und entwerfen wir das Priesteramt neu und so auch<br />
die Kirche.“ (S. 61) Priesteramt wird als „dienendes Leitungsamt (,servant leadership‛)“<br />
verstanden, das den Geweihten eine andere Funktion innerhalb der<br />
Gemeinde zugesteht, aber nicht mehr Macht. Leitung soll in einem „Modell geteilter<br />
Vollmacht, einer ,Jüngerinnenschaft von Gleichberechtigten‛ (,discipleship of<br />
equals‛) ausgeübt werden.“ (S. 62) Daher wird auch kein Gehorsamsversprechen<br />
gegenüber der Bischöfin abgelegt und auf Hoheitszeichen bei der Kleidung und in<br />
der Ausstattung bewusst verzichtet. Für die Eucharistiefeier wurde ein gemeinschaftliches,<br />
inklusives und ökumenisch ausgerichtetes Modell entwickelt, bei<br />
dem das eucharistische Hochgebet oder Teile daraus von jeder/jedem Anwesenden<br />
gesprochen werden kann. Die Einsetzungsworte können von allen gesprochen<br />
werden, um den Gemeinschaftscharakter zu unterstreichen. Die Kommunion teilen<br />
die Amsträgerinnen aus, um ihre Dienstfunktion zu verdeutlichen Mit Amtsträger/innen<br />
aus anderen Kirchen wird konzelebriert und sich gegenseitig zu den<br />
Gottesdiensten und Feiern eingeladen.<br />
Aus einem kleinen Anfang ist eine permanent wachsende Bewegung geworden, die<br />
bisher mehr als 100 geweihte Diakoninnen, Priesterinnen, Bischöfinnen und ebenso<br />
viele Anwärterinnen umfasst und insbesondere auf dem nordamerikanischen<br />
Kontinent stark angewachsen ist. Inzwischen sind die ersten Frauen auf dem südamerikanischen<br />
Kontinent und im Spanisch sprechenden Teil der Welt ihrer Berufung<br />
ins Priesteramt gefolgt und stellen die Bewegung vor neue Herausforderungen.<br />
(siehe auch den Beitrag von Patricia Fresen in <strong>Theologinnen</strong> Nr. <strong>23</strong>, S. 138f).<br />
Es ist wirklich an der Zeit, dass auch die männlichen Amtsträger innerhalb der<br />
römisch-katholischen Kirche endlich das Gespräch mit den Frauen suchen und sich<br />
nicht von den blindwütigen, hilflosen Verurteilungsgesten des Vatikans davon abschrecken<br />
lassen. Auch zu diesem Zweck haben die Herausgeberinnen diese Lebenszeugnisse<br />
gesammelt und veröffentlicht. Vielleicht begreifen ja die späteren<br />
Generationen, dass mit der Durchsetzung der Ordination und Weihe für Frauen in<br />
den Kirchen eine zweite Reformation angebrochen ist.<br />
Cornelia Schlarb<br />
<strong>Theologinnen</strong> <strong>23</strong> / September 2010 151