Theologinnen 23 - Konvent evangelischer Theologinnen
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Stadt zerstört wurde und 10.000 Menschen umkamen, sah sie die aus den Trümmern<br />
geborgenen toten Spielgefährten am Straßenrand liegen.<br />
Mit zwei Brüdern und zwei Schwestern, von denen eine sechsjährig verstarb,<br />
wuchs Christa Jähn in Kassel auf. Nach ihrem Schulabschluss absolvierte sie eine<br />
Ausbildung als Rechtsanwaltsgehilfin mit sehr gutem Erfolg und arbeitete dann im<br />
Regierungspräsidium in der Personalabteilung und beim Justitiar. Sie entdeckte<br />
ihre Freude an der Landschaft bei vielen Radtouren, ihre Liebe zur Musik, auch<br />
zur Oper und ihr Interesse an der Literatur.<br />
In dieser Zeit wirkte sie in der Kinder- und Jugendarbeit und im Kindergottesdienst<br />
ihrer Heimatgemeinde mit. Diese ehrenamtlichen Aufgaben weckten in ihr<br />
den Wunsch nach einem Berufwechsel. Nach sorgfältiger Wahl entschied sie sich<br />
für eine Ausbildung im Burckhardthaus in Gelnhausen und legte dort 1964 das Gemeindehelferinnenexamen<br />
ab.<br />
Vom April 1964 bis September 1973 war Christa Jähn als Referentin für übergemeindliche<br />
Jugendarbeit im Landesjugendpfarramt von Kurhessen-Waldeck angestellt.<br />
Die Jahre brachten ihr Konfliktpotential mit: Da war die achtundsechziger<br />
Bewegung, die für Veränderungen in der Gesellschaft, vor allem im Selbstverständnis<br />
der Jugend kämpfte einerseits, und andererseits war es die Zeit des<br />
„Kalten Krieges“. Das hatte seine Auswirkungen auf die Jugendarbeit.<br />
Christa Jähn war an der gesamten im Team verantworteten Arbeit des Amtes beteiligt:<br />
Jugendbildungsarbeit, Mitarbeiterschulung, Betreuung von Ehrenamtlichen,<br />
Freizeitpädagogik, Kindergottesdienstarbeit. Sie wurde mit der Funktion<br />
einer „Landeskirchlichen Beauftragten für die Gemeindehelferinnen“ betraut, das<br />
bedeutete, dass sie deren Vertrauensperson war, sich für sie einsetzte, dass sie<br />
Kontakt zum Burckhardthaus hielt und in dessen Gremien mitarbeitete.<br />
Christa Jähns immenser Wille und ihre Fähigkeit zu einer guten Zusammenarbeit<br />
trat über den erwähnten Aufgabenbereich hinaus noch auf einem anderen Gebiet,<br />
dem sie sich mit großem Einsatz gewidmet hat, zutage: Der Aufrechterhaltung<br />
und Pflege der Kontakte zur Evangelischen Jugendarbeit und Kirche in der DDR,<br />
zum ehemals und jetzt wieder zur kurhessischen Kirche gehörenden Kirchenkreis<br />
Schmalkalden, zur Partnerjugendarbeit in Thüringen und darüber hinaus im Ost-<br />
West-Arbeitskreis der Evangelischen Jugend in Deutschland. Was möglich war im<br />
Miteinander, in persönlichen Kontakten, in geistlicher Gemeinschaft, gegenseitiger<br />
Beratung und praktischer Unterstützung, das wollte sie erhalten und entwickeln.<br />
Dazu gehörten viele Fahrten vor allem nach Berlin mit strapaziösen Grenzübergängen,<br />
stundenlangem Warten bei Tag und Nacht. Vor allem aber gehörte<br />
dazu das intensive und sensible Bemühen um Verständnis der jeweiligen Situation<br />
der Christen im sozialistischen Gesellschaftssystem.<br />
Die Ost-West-Arbeit war das Kernstück ihrer Tätigkeit im Landesjugendpfarramt,<br />
ihr hat sie sich mit Herz und Klugheit, Tapferkeit und Verlässlichkeit und je länger<br />
<strong>Theologinnen</strong> <strong>23</strong> / September 2010 81