Theologinnen 23 - Konvent evangelischer Theologinnen
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schen <strong>Theologinnen</strong> teilnahm. 1994 veröffentlichte sie achtzigjährig ihre berufliche<br />
Autobiographie unter dem Titel „Talar nicht vorgesehen, Pfarrerin der ersten<br />
Stunde“. Kurz zuvor war sie ins Augustinum in Stuttgart-Riedenberg gezogen, für<br />
mich in Sichtweite aus meinem 17. Stock hinüber zu den großen Gebäuden jenseits<br />
des Ramsbachtales. Als ich selbst im Ruhestand angelangt war, trafen wir<br />
uns regelmäßig bei den Treffen der Pfarrsenioren unseres Kirchenbezirks, bis ihr<br />
dies zu mühsam wurde. Ihre letzten Lebensjahre lebte sie<br />
sehr zurückgezogen und nahm am Geschehen in der württembergischen<br />
Landeskirche nur noch aus großer Distanz teil.<br />
Nach kurzer Bettlägerigkeit starb sie im hohen Alter von 96 ½<br />
Jahren.<br />
Leonore Volz: Talar nicht vorgesehen.<br />
Pfarrerin der ersten Stunde, Stuttgart 1994<br />
ist antiquarisch noch erhältlich<br />
Brigitte Möckel-Csaki<br />
„Wenn es sich fügt, dann ist es richtig“<br />
Andreas Unger<br />
Auf der Kanzel eine Kerze, ringsum Dunkelheit. Oben die junge Vikarin sieht kaum, zu<br />
wem sie spricht. Die Kirche ist verdunkelt: Bombenwarnung. Es sind die Weihnachtstage<br />
1944 in Wankheim, Kirchenbezirk Tübingen. Pfarrer Richard Gölz, Anhänger der<br />
Bekennenden Kirche, ist gerade verhaftet worden. Er hat Juden im Keller des Pfarrhauses<br />
versteckt und sitzt nun im KZ. Brigitte Csaki vertritt ihn.<br />
Der strenge Dekan wünscht, dass wenigstens die Sonntagspredigt von einem Mann<br />
gehalten werde und schickt einen Emeritus aus Tübingen mit einem Pferdegespann<br />
den steilen Weg nach Wankheim hinauf. Doch der Winter ist kalt und die Strecke lang:<br />
Bald darf die Frau auch sonntags predigen.<br />
Schon 1936 erkämpfte sie sich das Recht, als erste Frau in Siebenbürgen Theologie zu<br />
studieren. Selbstbehauptung war ein Lebensthema von Brigitte Möckel-Csaki. Als<br />
Theologin, Pfarrerin, Nazi-Gegnerin, später auch als Ehefrau und Mutter.<br />
Kein Frömmeln war es, das Brigitte Csaki Theologie studieren ließ. Es war die Hoffnung,<br />
dass die evangelische Kirche trotz ihrer vielen Mitläufer und Gleichschalter einen<br />
Raum bereithalten würde, in dem man nach anderen Regeln als denen des<br />
„Dritten Reiches“ leben konnte. In ihrem Buch „Versuche des Widerstehens“ schreibt<br />
sie: „Ich brauchte einen Kompass, um mich zurechtzufinden. Dieser Kompass wurde<br />
die Theologie Karl Barths, die Bekennende Kirche.“<br />
86 <strong>Theologinnen</strong> <strong>23</strong> / September 2010