Theologinnen 23 - Konvent evangelischer Theologinnen
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Kinder zusammen und gründeten in unserem Haus den Ortsverband der Lebenshilfe<br />
Miesbach.<br />
Während dieser Josefstaler Jahre arbeitete ich im <strong>Theologinnen</strong>konvent mit. Gemeinsam<br />
rangen wir um unsere vollwertige Anerkennung als Theologin. Als Sprecherin dieses<br />
<strong>Konvent</strong>s gab ich bei der Landessynode 1974 ein Statement ab unter der Überschrift<br />
Die Gleichbegnadung von Mann und Frau. Dabei berief ich mich auf den Propheten<br />
Joel 3,<br />
1. ...„Gott gießt seinen Geist über alles Fleisch aus, eure Söhne und Töchter sollen<br />
weissagen“. Bei dieser Synode gelang der Durchbruch noch nicht, aber ein Jahr später<br />
war es soweit. Am 28.11.1975 war in der SZ zu lesen:<br />
„Deutliche Entscheidung<br />
Manch treuer Protestant wird einige Zeit nötig haben, um sich an den Gedanken zu<br />
gewöhnen, dass es nun auch in Bayern die Pfarrerin geben wird: auf dem Friedhof wie<br />
auf der Kanzel, bei der Taufe wie beim Abendmahl, dem gewohnten Pfarrer gleichgestellt.<br />
Mit ihrer selbst für Optimisten überraschend eindeutigen Entscheidung hat die<br />
Evangelische Landessynode nun den Schlussstrich unter ein jahrelanges, zähes Ringen<br />
gesetzt...“<br />
1976 wurde ich mit zwei Kolleginnen aus Nürnberg in der Erlöserkirche in München<br />
ordiniert. 1977 bewarb ich mich von Josefstal aus auf die freigewordene Pfarrstelle in<br />
der Nikodemuskirche in München-Nord. Der Kirchenvorstand hatte das Stellungsbesetzungsrecht<br />
und erhielt vom Landeskirchenrat einen Dreiervorschlag: Zwei Männer und<br />
eine Frau. Der Kirchenvorstand hatte den Mut, nach einer langen Anhörung mich zu<br />
wählen. So wurde ich die erste Frau der bayerischen Landeskirche, die ein Pfarramt<br />
leitete.<br />
Natürlich, eine Pfarrerin war für viele Gemeindeglieder gewöhnungsbedürftig. Eine<br />
kleine Episode aus der Anfangszeit mag das verdeutlichen: Nach dem Tod ihres Mannes<br />
wollte ich seine Witwe besuchen, um mit ihr die Beerdigung zu besprechen. Als<br />
ich vor ihrer Tür stand und mich vorstellte, sagte sie barsch: Ich will aber einen Mann.<br />
Ich schluckte, aber versprach ihr einen Kollegen zu besorgen. Kurz danach ließ sie<br />
mich jedoch durch einen Nachbarn bitten, zu kommen. Ich traf ihren Sohn und Enkel<br />
an, sie fragte die beiden, was sagt ihr, dass den Opa eine Frau beerdigt? Darauf antwortete<br />
der Enkel prompt „mei der Opa hat schon immer die Frauen geliebt“! Mit<br />
Mühe verkniff ich mir das Lachen. Der Opa war in jungen Jahren Matrose gewesen. So<br />
ertönte auch als Abschiedslied auf dem Friedhof „La Paloma“! Bei einem späteren<br />
Besuch meinte die Witwe „mei war i dumm“.<br />
Bereits 1977 gründete ich zusammen mit dem Gemeindediakon Jo Handke den Club<br />
77. Er wurde später Modellprojekt des Bayerischen Jugendrings. Wöchentlich trafen<br />
sich bis zu 100 erwachsene junge Leute. Die Treffen waren oft nervenaufreibend. Der<br />
Gemeindediakon stand mir tatkräftig zur Seite. Gemeinsam standen wir an der Theke<br />
im Gemeindesaal und überwachten, dass keine scharfen Getränke mitgebracht wur-<br />
<strong>Theologinnen</strong> <strong>23</strong> / September 2010 97