Theologinnen 23 - Konvent evangelischer Theologinnen
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die Mitarbeit, das Interesse und die Treue der Gemeinde: „... ich habe mit Ihnen<br />
gelernt, Glauben und Hoffnung und Liebe in die uns gegebene Lebenswirklichkeit<br />
umzusetzen. Viele Erfahrungen nehme ich bei diesem Abschied nach fast 12 Jahren<br />
mit, und viele gute Wünsche für das Wohl und Heil eines jeden von Ihnen und<br />
für unsere drei Gemeinden bewegen mich ...“.<br />
Die Altenheimseelsorge umfasste zunächst 8 Heime mit ihren Bewohnern und dem<br />
Personal, später lagen die Schwerpunkte am Lindenberg und im Renthof. Von dieser<br />
Zeit an lebte ihre Freundin und Kollegin Inge Saame, die wegen eines Augenleidens<br />
vorzeitig im Ruhestand war, in benachbarten Wohnbereichen.<br />
Christa Jähn formulierte die Zielsetzung ihrer Konzeption: Christlichen Glauben<br />
als Trost zu vermitteln und zu stärken – Gemeinschaft erfahrbar zu machen. Dazu<br />
gehörten viele Einzelgespräche, Gottesdienste, Andachten, Gesprächsrunden,<br />
Musik und darstellendes Spiel, das war ihr Beitrag zur „aktivierenden Pflege“,<br />
zum Erinnern der eigenen Lebensgeschichte des älteren Menschen und zur Bestätigung<br />
seiner eigenen Individualität und seines Wertgefühls. Es waren Schritte aus<br />
der Vereinsamung. Die Lebendigkeit derer, die bei Weihnachtsspielen, Jahresfesten,<br />
Basaren und anderen Gelegenheiten mitwirkten – darunter waren auch Demenzbetroffene<br />
– bestätigte sie. Ihr „politisches“ Engagement für die ältere Generation<br />
führte zur Mitarbeit im Seniorenbeirat der Stadt Kassel, in dem sie auch<br />
weiter mitarbeitete, als sie im August 1998 in den Ruhestand trat.<br />
Viele für diese Lebensphase aufbewahrte Vorhaben konnten nicht mehr verwirklicht<br />
werden wegen einer schweren Erkrankung, die seit 2001 regelmäßig Bluttransfusionen<br />
nötig machte und viele Organe schädigte. In ursächlichem Zusammenhang<br />
stand wohl eine Phosphorverletzung, die sie im Nordseewatt erlitten<br />
hatte. Sie war auf Hilfe und Pflege ihrer langjährigen Freundin Saame angewiesen.<br />
Ihr Glaube und ihr kreativer Sinn fürs Leben haben sie in ihrem Leiden getragen<br />
und sie ermutigt, jedem Augenblick das Mögliche abzugewinnen. Sie hat telefonisch<br />
Kontakte gepflegt, viel gelesen und mit ausgewählten Rundfunksendungen<br />
an Kultur und Zeitgeschichte teilgenommen. Es waren wichtige Jahre und ich bin<br />
dankbar, dass ich sie begleiten konnte.<br />
Am 21. Juni 2009 ist Christa Jähn gestorben. Ein großer Kreis von Freunden, Verwandten<br />
und Gemeindemitgliedern hat ihren letzten Weg auf dem Friedhof in<br />
Kassel–Harleshausen begleitet. „Meine Seele ist stille zu Gott, der mir hilft“ (PS<br />
62) hatte sie für diesen Abschied gewählt und ein Zitat von Ernst Lange:<br />
„Der Tod ist kein Argument gegen das Leben. Kein Argument gegen den Glauben,<br />
kein Argument gegen die Liebe, kein Argument gegen die Hoffnung auf die Vollendung<br />
der Welt. Kein Argument gegen Gott. Man stirbt nicht weg von Gott. Man<br />
stirbt in Gott hinein.“<br />
<strong>Theologinnen</strong> <strong>23</strong> / September 2010 83