Theologinnen 23 - Konvent evangelischer Theologinnen
Theologinnen 23 - Konvent evangelischer Theologinnen
Theologinnen 23 - Konvent evangelischer Theologinnen
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
schickten Lesegottesdienste halten.<br />
Daraufhin habe ich monatelang jeglichen Kontakt zum Konsistorium abgebrochen,<br />
denn eine solche Bestimmung hat es nie gegeben, und in Hamburg war gesagt worden:<br />
Wir brauchen euch beide.<br />
Nach etlichen Wochen kam Bischof Jänicke mit dem Personaldezernenten des Konsistoriums<br />
auf der Durchreise zu uns: Was denn eigentlich mit uns los wäre?! Das haben<br />
wir ihm dann erklärt mit der Frage, ob eine Ordination nur acht Wochen Gültigkeit<br />
habe und ob aus dem Ruhen der Rechte erst der Tod des Ehemannes befreie?<br />
Die Rechte der Ordination ruhten vom Tage der Eheschließung an. Die Heirat einer<br />
Pfarrerin hatte die gleichen Folgen wie eine geistige Behinderung oder psychische<br />
Erkrankung! Der Tod des Ehemannes wirkte wie eine Gesundung aus der geistigen Behinderung.<br />
Bischof Jänickes Antwort: „Frau Höck, ich sage Ihnen als Bischof: Sie dürfen im Pfarramt<br />
alles tun. Nur dürfen Sie dieses nicht an die große Glocke hängen.“ So war die<br />
Vertretung geregelt, wenn auch – selbstverständlich – ohne Bezahlung für die Dienste<br />
der verheirateten, ordinierten Theologin.<br />
Von 1958 bis 1963 waren wir in Güssefeld/Altmark. Dort war 1961 die Katechetin für<br />
längere Zeit krank. Meine Frau übernahm den Unterricht der Christenlehre. Das führte<br />
zum Einspruch des Kreiskatecheten: Sie habe weder die Qualifikation, noch die Berechtigung<br />
dazu, daran ändere auch Theologiestudium und Ordination nichts. So wurde<br />
ihr am 2. Februar 1961 ein „Vorläufiger Erlaubnisschein Nr. 192“ ausgestellt, der<br />
ihr – jederzeit widerruflich – „die vorläufige Erlaubnis zu nebenberuflicher Erteilung<br />
von Christenlehre in der Gemeinde“ erteilte.<br />
Im Jahr 1963 übernahm ich die Pfarrstelle in Wolmirstedt bei Magdeburg. Dort war ein<br />
kirchliches Seminar für Kinderdiakonie, in dem meine Frau 1964 den Bibelkunde-<br />
Unterricht übernahm, wöchentlich vier Stunden, die mit 3,- Mark, später mit 5,- Mark<br />
pro Stunde vergütet wurden, immerhin das erste selbst verdiente Geld meiner Frau in<br />
unserer Ehe. Das Seminar schickte uns außerdem Hilfe für Haus und Kinder.<br />
Schon sehr bald zeigte sich, dass Wolmirstedt in wenigen Jahren durch Industrieansiedlung<br />
von 7.000 auf 13.000 Einwohner wachsen würde. Dafür sollte eine rechtlich<br />
vorhandene 2. Pfarrstelle wieder besetzt werden. Alle Bemühungen, eine zweite<br />
Pfarrwohnung zu bekommen, scheiterten am Widerstand der staatlichen Stellen.<br />
Schließlich meinte das Konsistorium: „Dann schicken wir eine Pastorin nach Wolmirstedt,<br />
die braucht ja wenig Wohnraum, der sich vielleicht in vorhandenen kirchlichen<br />
Gebäuden finden lässt. Aber jetzt haben wir keine Pastorin frei. Wir melden uns,<br />
wenn wir eine wissen.“<br />
Im August 1966 wurde unser fünftes Kind geboren. Im November 1966 fuhren wir nach<br />
gründlicher Überlegung zu unserem Propst Fleischhack nach Magdeburg: „Wir wissen<br />
eine Pastorin für Wolmirstedt, die keine Wohnung braucht und keiner Gemeinde ent-<br />
102 <strong>Theologinnen</strong> <strong>23</strong> / September 2010