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Theologinnen 23 - Konvent evangelischer Theologinnen

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gie, danach wurde ich öfters gefragt. Meine Antwort:<br />

Weil ich genau wissen wollte, was in der Bibel steht.<br />

Diese Antwort ist aus meiner Lebensgeschichte zu verstehen.<br />

1929 geboren, musste ich 1939, wie alle 10jährigen<br />

zur Hitlerjugend. Wöchentlich besuchte ich die<br />

„Jungmädeltreffen“. Ich war begeistert und wurde ziemlich<br />

rasch Jungmädelführerin. Sehr zum Leidwesen meiner<br />

Eltern, die dagegen waren. Auf ihren Wunsch wurde<br />

ich, gegen meinen Willen, 1944 in der Kreuzkirche konfirmiert.<br />

Das Hakenkreuz war mir wichtiger als das<br />

Kreuz. Mein Konfirmator Pfarrer Haug bekam das in den<br />

Konfirmandenstunden zu spüren. Ich widersprach, wo ich konnte. Erst beim 70jährigen<br />

Bestehen der Kreuzkirche erfuhr ich, dass er der „Bekennenden Kirche“ nahe<br />

stand. Er wurde von der Gestapo überwacht. Musste er nicht Angst haben, dass ich ihn<br />

denunzieren könnte? Er aber erlaubte mir, meinen Konfirmationsspruch selbst zu wählen.<br />

Ich wollte einen fröhlichen Spruch und fand ihn im Psalm 16, Vers 11 „Du tust mir<br />

kund den Weg zum Leben, vor Dir ist Freude die Fülle und Wonne zu Deiner Rechten<br />

ewiglich“.<br />

Kurz nach der Konfirmation ging die Kreuzkirche in Flammen auf. Der Bombenterror<br />

wurde täglich schlimmer. Ich erlebte alle Luftangriffe im Luftschutzkeller in München-<br />

Schwabing. Als „treues Jungmädel“ war ich im Kriegseinsatz: Schutt räumen, Brandbomben<br />

löschen, Verpflegungsausgabe für Ausgebombte und vieles mehr. 1945 rückten<br />

die Amerikaner in unsere Stadt ein. Ich werde nie vergessen, wie ein Soldat beim<br />

Anblick der totalen Zerstörung der Umgebung unseres Hauses feststellte: Schutzengel<br />

gehabt!<br />

Bereits im Herbst 1945 begann wieder der Schulunterricht. In mir tauchten Zweifel<br />

auf, warum hat Gott, so es ihn gibt, dieses unermessliche Leid zugelassen? Mit diesen<br />

Fragen besuchte ich 1945 den Silvestergottesdienst in der halbzerbombten Schulküche<br />

der Hermann-Bezzel-Schule. Der Pfarrer predigte über den Klagepsalm 73 Vers <strong>23</strong>. Der<br />

Tenor seiner Predigt begleitet mich bis heute „dennoch bleibe ich stets an dir“.<br />

In diesem Gottesdienst wurden die Weichen für meinen späteren Lebensweg gestellt.<br />

Ich fand den Weg in die christliche Gemeinde, wurde bald Kindergottesdiensthelferin<br />

und freute mich auf jede Vorbereitungsstunde beim Pfarrer. Die zu erzählenden biblischen<br />

Geschichten wurden hier genau besprochen. In der Gemeindejugend der Kreuzkirche<br />

fand ich eine tragende Gemeinschaft junger Menschen, die nicht nur miteinander<br />

Bibelarbeit machten, sondern auch auf Fahrt gingen.<br />

1948 machte ich Abitur und 1949 begann ich mit dem Studium <strong>evangelischer</strong> Theologie<br />

in Erlangen. 1953 nach dem ersten Examen war klar, Pfarrerin konnte ich nicht<br />

werden, die Frau auf der Kanzel war nicht gefragt. Immerhin, stellte mich die Kirche<br />

mit 80 % eines Pfarrergehaltes als Dekanatsjugendleiterin bei der Evangelischen Jugend<br />

München an. Wir waren ein gutes Mitarbeiterteam: Ein Dekanatsjugendpfarrer,<br />

<strong>Theologinnen</strong> <strong>23</strong> / September 2010 95

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