Theologinnen 23 - Konvent evangelischer Theologinnen
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eine Pfarrrein einarbeiten muss, ist sie selbstständig und überaus lebendig Sie<br />
setzt sich zusammen aus gemischten, meist jungen Familien, aus Mitarbeitenden<br />
der Botschaft und zahlreicher deutscher Firmen und aus Pensionären, die oft in<br />
arabischen oder afrikanischen Ländern tätig waren und für die Malta der ideale<br />
Ruhestandsort „zwischen den Kulturen“ ist.<br />
„Zwischen den Kulturen“, das charakterisiert Malta wirklich, zunächst natürlich<br />
geografisch: Die kleine Insel (28 km lang, 13 km breit) liegt mitten im Mittelmeer,<br />
zwischen Sizilien (81 km entfernt) und Tunesien (285 km), Gibraltar und dem Nahen<br />
Osten (je ca 1800 km). Von dort kamen die Phönizier, die der Insel die Sprache<br />
gebracht haben. Maltesisch ist eine semitische Sprache mit lateinischen Buchstaben<br />
geschrieben − die Katholiken Maltas reden ihren Gott mit „Alla“ (ohne h)<br />
an. Die Nähe zu Afrika bedeutet heute Maltas größtes unlösbares Problem, den<br />
nicht endenden Strom von Bootsflüchtlingen. Mit Gibraltar ist Malta bis heute<br />
durch den dortigen anglikanischen Bischofssitz verbunden – und natürlich durch<br />
die lange Zugehörigkeit zum Commonwealth und die Zweitsprache Englisch. Nach<br />
Sizilien kann man heute mit einem Schnellboot einen Tagesausflug machen, z.B.<br />
zum Einkaufen bei IKEA; viele Malteser sprechen italienisch, weil sie „vor dem<br />
Satellitenfernsehen“ nur italienisches Fernsehen sehen konnten und wohl auch,<br />
weil Malta und Sizilien Jahrhunderte lang das Schicksal gleicher Eroberungen und<br />
Herrschaften teilten.<br />
Das waren Punier und Römer, Araber, Normannen und Spanier. Im 15. Jahrhundert<br />
dann wurde Malta von Karl V. dem „heimatlosen“ Johanniter-Orden übergeben,<br />
der erst Jerusalem und dann Rhodos hatte aufgeben müssen. Die Kreuzritter,<br />
die 1798 vor Napoleon kapitulierten, haben insbesondere durch ihre Bauwerke<br />
und reichen Schätze die Insel bis heute geprägt. Aber Spuren, vor allem archäologische,<br />
haben auch die anderen Invasoren hinterlassen.<br />
Die bedeutendsten und beeindruckendsten archäologischen Spuren Maltas sind<br />
jedoch die gewaltigen prähistorischen Tempel. Die vier relativ gut erhaltenen<br />
Tempelanlagen von mindestens 12 weiteren gibt es Spuren – sind Reste der größten<br />
und ältesten architektonischen „Bauten“ der Welt (3500-2500 v. Chr.). Sie<br />
zeugen von einem matriarchalen Kult, darin sind sich Archäologinnen und Archäologen<br />
heute einig und sicher, auch wenn die gewaltigen „Fat ladies“, wie sie genannt<br />
werden, nicht alle deutlich weibliche Geschlechtsmerkmale haben. Ob es<br />
Darstellungen von Göttinnen oder Priesterinnen sind, weiß man ebenso wenig wie<br />
Genaues über die Kultpraxis. Zu vermuten ist, dass die Fruchtbarkeit der Mutter<br />
Erde im Kreislauf des Jahres gefeiert wurde. Das Erleben der Sommersonnenwende<br />
in einem der Tempel, wo genau bei Sonnenaufgang ein Sonnenstrahl durch eine<br />
Maueröffnung schien und dann in einer wachsenden Dreieckform den Raum<br />
erhellte, wird unvergesslich bleiben. Auch warum diese Tempel dort in so reicher<br />
Zahl geschaffen wurden und für wen, bleibt ein Rätsel. Eine These ist, dass Malta<br />
130 <strong>Theologinnen</strong> <strong>23</strong> / September 2010