Theologinnen 23 - Konvent evangelischer Theologinnen
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Erinnerung an Lenore Volz<br />
Christel Hildebrand<br />
Wir Pfarrerinnen in der württembergischen Landeskirche haben Lenore Volz viel<br />
zu verdanken. Mit ihrer theologischen und pfarramtlichen Kompetenz und ihrem<br />
ehrenamtlichen Engagement als Vorsitzende des <strong>Theologinnen</strong>konvents in Württemberg<br />
von 1965 bis 1978 hat sie entscheidend dazu beigetragen, dass die Synode<br />
unserer Landeskirche im November 1968 die Ordination und Gleichstellung der<br />
<strong>Theologinnen</strong> beschloss und uns sämtliche theologischen Ämter fortan zugänglich<br />
wurden. Umfangreiche Korrespondenz, zahlreiche Vorträge zum Frauenamt und<br />
ihre Veröffentlichung „Frauen auf die Kanzel“ waren vorausgegangen und sie war<br />
beteiligt daran, dass Professor Dr. Friedrich Lang, Neutestamentler aus Tübingen,<br />
mit seinem Referat vor der Synode dieser Entscheidung zum Durchbruch verhalf.<br />
In den beruflichen Stationen von Lenore Volz spiegelt sich der mühsame Weg der<br />
<strong>Theologinnen</strong> bis dahin wider. 1933 war Lenore Volz im zweiten Studienjahr, als<br />
der damalige Bischof mitteilen ließ, dass keine weiteren weiblichen Theologiestudierenden<br />
erwünscht seien und damit ein solches Studium zwecklos sei.<br />
So arbeitete sie denn auch, nach ihrer Tätigkeit in der Leitung der christlichen<br />
Studentinnenbewegung, nach ihrem 1. Theologischen Examen zunächst als Praktikantin<br />
in einem Pfarramt auf der schwäbischen Alb. Während der schlimmen<br />
Kriegsjahre von 1940 bis 1945 wurde ihre Mitarbeit in Stuttgart-Bad Cannstatt<br />
dringend. Dort war sie mit unterschiedlichen pfarramtlichen Dienstaufträgen betraut.<br />
Das bedeutete: Auseinandersetzung mit der NS-Ideologie, beobachtet von<br />
der Gestapo, Seelsorge an Familien, die ihre Väter, Ehemänner oder Söhne an der<br />
Front oder Angehörige in den Bombardements verloren hatten und/oder obdachlos<br />
geworden waren. Selbst war sie ebenso davon bedroht, hatte ihren Einsatz in<br />
ständiger Gefahr zu leisten, musste Veranstaltungen oft wegen Fliegeralarms unterbrechen<br />
und lebte in bescheidenster Unterkunft. Der Talar war Frauen verwert,<br />
das schwarze Kleid an dessen Stelle musste über den Bezugschein für private<br />
Kleidung besorgt werden.<br />
Der Neustart nach dem Krieg begann in Ruinen. Als nach der Währungsreform der<br />
Aufbau möglich wurde, war 1948 über die gleichberechtigte Mitarbeit der <strong>Theologinnen</strong><br />
negativ entschieden worden. Erst zwanzig Jahre später wäre ein volles<br />
Gemeindepfarramt möglich geworden, doch da hat sich Lenore Volz, obwohl dieser<br />
Erfolg auch ihrer war, anders entschieden. Sie bewarb sich aufgrund ihrer tiefenpsychologischen<br />
Zusatzausbildung auf ein Sonderpfarramt und war bis zu ihrer<br />
Emeritierung 1978 als Klinikseelsorgerin an den Kliniken in Stuttgart-Bad Cannstatt<br />
tätig. Dabei machte sie sich auch um die Reform der Klinikseelsorge verdient.<br />
Dem <strong>Theologinnen</strong>konvent war sie in ihrem Ruhestand noch so verbunden,<br />
dass sie bis in die neunziger Jahre regelmäßig an den Treffen der württembergi-<br />
<strong>Theologinnen</strong> <strong>23</strong> / September 2010 85