Theologinnen 23 - Konvent evangelischer Theologinnen
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Vielzahl von Themen: Solidarisch aus der Krise, Steuergerechtigkeit, Genug gespart,<br />
Finanzkapitalismus, Zukunftsinvestitionen, Mindestlohn, Standortschwäche,<br />
Demografie, Lohnnebenkosten.<br />
Thesen für die Diskussion<br />
Der Shareholder-Value-Kapitalismus hat bereits vor Ausbruch der Krise die Gesellschaft<br />
polarisiert. Er geht mit einer systematischen Geringschätzung der<br />
menschlichen Arbeitskraft gegenüber Kapitaleinkommen einher. Immer mehr<br />
gesellschaftliche Bereiche wurden der Gewinnlogik unterworfen. Öffentliche<br />
Haushalte gerieten unter Druck. Öffentliche Angebote und Leistungen wurden<br />
zunehmend privatisiert, ebenso wie soziale Risiken. Aufgefangen werden muss<br />
vieles durch unbezahlte Arbeit im Care-Bereich. „Nur Reiche können sich einen<br />
armen Staat leisten.“<br />
Die Krise wird zu Recht als „große Krise“ bezeichnet, sie markiert den mit Abstand<br />
tiefsten Einschnitt seit der Weltwirtschaftskrise ab 1929. Sie hat die<br />
Grenzen des bisherigen Entwicklungswegs aufgezeigt und umfangreiche Aktivitäten<br />
von Regierenden (G20) auf internationaler Ebene ausgelöst. Bisher sind<br />
real aber nur sehr begrenzt Verabredungen oder gar Verpflichtungen für einen<br />
Kurswechsel zustande gekommen. Die Stimmung scheint nahezulegen, dass die<br />
Krise bald überwunden sein wird und das meiste so weitergehen kann wie bisher.<br />
Die Ursachen der Krise werden im vorherrschenden Diskurs vor allem auf den<br />
Finanzmärkten und deren mangelnder Regulierung verortet. Im Hintergrund<br />
bleibt die in den letzten Jahren stark zunehmende Umverteilung von unten<br />
nach oben weltweit und innerhalb einzelner Länder. Dabei hatten überwiegend<br />
Frauen das Nachsehen. Im Hintergrund bleiben auch Handelsungleichgewichte<br />
zwischen den Ländern, lediglich Defizitländer werden häufig an den Pranger<br />
gestellt. Umverteilung und Ungleichgewichte haben immer mehr Geld auf die<br />
Finanzmärkte gespült und den Druck, hohe Renditen zu erwirtschaften, verstärkt.<br />
Alle Länder sind betroffen, auch diejenigen, die nicht oder nur wenig auf den<br />
Finanzmärkten engagiert waren. Menschen verlieren durch den weltweiten<br />
Nachfragerückgang z.B. Arbeitsplätze in der exportorientierten Landwirtschaft<br />
wie Schnittblumenindustrie. Deutlich rückläufig sind die Überweisungen von<br />
Migrantinnen und Migranten an ihre Familienangehörigen im Heimatland.<br />
Die Regierungen in den einzelnen Ländern haben mit konjunkturstabilisierenden<br />
Maßnahmen reagiert, obwohl solche Maßnahmen bis dahin nach vorherr-<br />
<strong>Theologinnen</strong> <strong>23</strong> / September 2010 13