28.01.2016 Aufrufe

Table of Contents Announcement Articles Table of Contents 1 6 29

deutschland_mix_de

deutschland_mix_de

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

112 Holocaust-Gedenktag: "Es gibt keinen Schlussstrich"<br />

Die Fahnen vor dem Römer tragen Trauerflor.<br />

Wenige Meter weiter, in der Wandelhalle der<br />

Paulskirche, spricht Oberbürgermeister Peter<br />

Feldmann bei der zentralen Gedenkfeier an die<br />

Opfer des Nationalsozialismus. Und das<br />

Stadtoberhaupt kommt recht direkt zur Sache:<br />

„Aus einem kollektiven Bedürfnis der deutschen<br />

Gesellschaft entstand dieser Gedenktag nicht.“<br />

Der Sozialdemokrat erinnert an den Frankfurter<br />

Ignatz Bubis, der bis zu seinem Tod 1999<br />

Präsident des Zentralrates der Juden in<br />

Deutschland war. Bubis habe immer wieder darauf gedrängt, einen solchen nationalen<br />

Gedenktag zu schaffen. Bis er dann 1996, vor zwanzig Jahren also, endlich verwirklicht<br />

worden sei.<br />

Am 27. Januar 1945 war das Konzentrationslager Auschwitz von russischen Truppen befreit<br />

worden – das war der äußere Anlass für Bubis gewesen, dieses Datum zu wählen.<br />

Feldmann blendet auch zurück auf ein düsteres Kapitel Frankfurter Geschichte: In der Zeit<br />

von 1941 bis Anfang 1945 waren etwa 10 000 jüdische Bürger von der Großmarkthalle im<br />

Ostend aus mit Zügen in die Konzentrationslager deportiert worden.<br />

Während die Menschen in Kellern unter der Halle zusammengepfercht wurden, ging oben<br />

„der alltägliche Marktbetrieb weiter“, so der OB. In der Stadt hätten viele „vom Besitz der<br />

Vertriebenen pr<strong>of</strong>itiert“: Er wurde meistbietend versteigert. Großes Lob findet das<br />

Stadtoberhaupt für die unlängst eröffnete Gedenkstätte an die Deportation. Dieses Mahnmal<br />

am Rande und unter der Großmarkthalle sei „optisch zurückhaltend, nicht aggressiv, eher<br />

unauffällig“. Feldmanns Rede findet ihr Zentrum in dem Satz: „Es gibt keinen Schlussstrich.“<br />

Die Auseinandersetzung mit dem Holocaust sei nicht abzuschließen: „Es gibt in Frankfurt<br />

noch viel zu tun.“ Das gelte, obwohl in der Stadt mittlerweile an etlichen Orten an die Zeit der<br />

nationalsozialistischen Terrorherrschaft erinnert werde.<br />

Draußen, bei der Kranzniederlegung am Paulskirchen-Mahnmal für die Opfer des<br />

Nationalsozialismus, findet Rolf Heinemann von der Vereinigung der Verfolgten des<br />

Naziregimes (VVN) deutliche Worte. „Es sind die Deutschen gewesen, die Nazis gewählt<br />

haben.“ Und er fügt hinzu: „Der Hass gegen Juden ist nach wie vor präsent.“ Heinemann<br />

blendet in seiner Ansprache zurück auf den Alltag im Konzentrationslager: „Mit den<br />

zermahlenen Knochen der Toten wurde der Boden befestigt – darüber mussten die<br />

Lebenden gehen.“<br />

Integrationsdezernentin Nargess Eskandari-Grünberg meldet sich am Nachmittag zu Wort. Es<br />

dürfe „in diesem Land keinen Platz für Populismus, Antisemitismus, Rechtsradikalismus,<br />

Homophobie und Diskriminierung“ geben. Gerade in Frankfurt, der Stadt mit Menschen aus<br />

180 Nationen, gelte es, sich für ein friedliches Zusammenleben aller einzusetzen. Auch die<br />

Menschen, die „vor Krieg und Verfolgung zu uns fliehen“, müssten die Chance bekommen,<br />

an der Gesellschaft teilhaben zu können.<br />

[ Die Entwicklung Frankfurts zum Nachlesen - in fünf Heften. Unsere Sonderreihe FR-<br />

Geschichte. ]

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!