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überarbeiten und um ihre Meinungsfreiheit bangen. Lüthe wünscht sich von seinen<br />
Kolleginnen und Kollegen mehr Mut: „Wenn Studierende über die Seminargestaltung<br />
diskutieren, ist das doch spannend.“<br />
1E3CA20685184916F462A58091526719 Sarah Schaschek<br />
91 Frankreich: Hollande-Kritikerin tritt zurück<br />
Sie geht, wie sie gekommen ist: erhobenen<br />
Hauptes, sich selbst und ihren Werten die<br />
Treue haltend, wie sie auf Twitter schreibt. Am<br />
Mittwoch hat Frankreichs Justizministerin<br />
Christiane Taubira ihren Rücktritt eingereicht.<br />
Vorausgegangen war neuerlicher Streit mit<br />
ihren Vorgesetzten, Premierminister Manuel<br />
Valls und Präsident François Hollande. Die<br />
linksliberale Juristin hatte die von Valls und<br />
Hollande propagierte Verfassungsänderung<br />
kritisiert, die darauf abzielt, den<br />
Ausnahmezustand in Frankreichs Grundgesetz zu verankern und die Möglichkeit zu eröffnen,<br />
verurteilten Terroristen die französische Staatsbürgerschaft zu entziehen.<br />
Vor allem Letzteres hatte die 63-jährige Taubira aufgebracht. Aus Sicht der aus dem<br />
Übersee-Departement Französisch-Guyana stammenden dunkelhäutigen Politikerin macht<br />
eine solche Regelung aus Einwanderern Bürger zweiter Klasse. Da es nach internationalem<br />
Recht unzulässig ist, jemanden durch Aberkennung der Nationalität zu einem Staatenlosen<br />
zu machen, würde der Entzug letztlich Nachfahren von Immigranten treffen, die neben der<br />
französischen Staatsbürgerschaft auch die ihrer Eltern besitzen. Als „nicht wünschenswert“<br />
und zur Abschreckung von Terroristen „absolut lächerliche Maßnahme“ hat Taubira die<br />
Aberkennung der Staatsbürgerschaft kritisiert.<br />
Für Valls und Hollande, die sich nach den Terroranschlägen vom 13. November<br />
vergangenen Jahres als resolute Sicherheitspolitiker pr<strong>of</strong>ilieren und die geplante<br />
Verfassungsreform als Ausweis ihrer Festigkeit betrachten, war Taubira damit zu weit<br />
gegangen. Der Staatschef machte kurzen Prozess, gab mit dem „einvernehmlich erzielten“<br />
Rücktritt der Ministerin am Mittwoch zugleich die Nachfolge bekannt.<br />
Jean-Jacques Urvoas (56) übernimmt demnach das Justizressort. Wie Taubira gilt der<br />
bisherige Vorsitzende der Rechtskommission der Nationalversammlung als feinsinnig und<br />
humorvoll. Anders als die Vorgängerin zieht der Valls nahestehende Jurapr<strong>of</strong>essor aber in<br />
Sicherheitsfragen mit seinen Vorgesetzten an einem Strang. Sei es die bereits<br />
verabschiedete Ausweitung der Befugnisse der Geheimdienste oder die geplante<br />
Verfassungsänderung: Was Taubira kritisiert, wenn nicht bekämpft hat, Urvoas heißt es gut.<br />
Als politisches Erbe hinterlässt die von rechtsradikalen Landsleuten nicht nur wegen ihrer<br />
liberalen Gesinnung, sondern auch wegen ihrer Hautfarbe angefeindete Sozialistin die im<br />
Frühjahr 2013 trotz heftiger Proteste eingeführte Ehe für alle.<br />
Außerdem geht eine Strafrechtsreform auf Taubiras Konto. Vor dem Hintergrund, dass<br />
Frankreichs Gefängnisse heillos überfüllt sind und der Aufenthalt in ihnen zur<br />
gesellschaftlichen Wiedereingliederung Straffälliger wenig beiträgt, favorisiert die Reform<br />
alternative Vollzugsformen und die Aussetzung von Strafen zur Bewährung.