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Fandorin jagt Jack the Ripper in Moskau

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ger. »Aber um das Wohl der Gesellschaft habe ich mich nie<br />

gekümmert, und von der Fakultät b<strong>in</strong> ich wegen e<strong>in</strong>er ganz<br />

anderen Sache geflogen.«<br />

»Ach so!« rief Anissi und hob triumphierend den F<strong>in</strong>ger.<br />

»Ich habe Sie also doch richtig e<strong>in</strong>geschätzt. Sie leben nach<br />

Ihren Vorstellungen und gehen Ihren eigenen Weg. Es tut<br />

nichts, daß Sie nur Feldscher s<strong>in</strong>d, ich schaue nicht auf den<br />

Titel. Ich brauche e<strong>in</strong>en scharfs<strong>in</strong>nigen, lebendigen Men-<br />

schen, der nicht die allgeme<strong>in</strong> üblichen Maßstäbe anlegt. Ich<br />

b<strong>in</strong> es leid, Sonja von e<strong>in</strong>em Arzt zum andern zu schleppen.<br />

Die sagen alle dasselbe: Oligophrenie, unheilbar. Aber ich<br />

fühle, daß sie e<strong>in</strong>e lebendige Seele hat, die man wecken kann.<br />

Dürfte ich Sie konsultieren?«<br />

»Ich b<strong>in</strong> noch nicht mal Feldscher«, antwortete Stenitsch,<br />

offenbar gerührt von der Offenheit des Unbekannten (und<br />

auch von der Schmeichelei, für die der Mensch so anfällig ist).<br />

»Zwar beschäftigt mich Herr Rosenfeld als Feldscher, aber<br />

eigentlich b<strong>in</strong> ich nur Krankenpfleger. Und ich arbeite ohne<br />

Gehalt, aus freiem Willen. Als Buße für me<strong>in</strong>e Sünden.«<br />

Ach so ist das, dachte Anissi. Daher der fade Blick, daher<br />

die Demut. Ich muß die L<strong>in</strong>ie ändern.<br />

Er sagte tiefernst: »E<strong>in</strong>en guten Weg der Buße haben Sie<br />

gewählt. Das ist besser, als <strong>in</strong> der Kirche Kerzen anzuzünden<br />

oder sich beim Beten die Knie wundzuscheuern. Gebe Ihnen<br />

Gott bald seelische Erleichterung.«<br />

»O ne<strong>in</strong>, nicht bald!« rief Stenitsch mit unverhofftem<br />

Feuer, und se<strong>in</strong>e bislang trüben Augen glühten leidenschaft-<br />

lich. »Es soll schwer se<strong>in</strong>, es soll lange dauern! Um so besser!<br />

Ich … ich spreche selten mit Menschen, b<strong>in</strong> sehr verschlos-<br />

sen. Überhaupt habe ich mich daran gewöhnt, alle<strong>in</strong> zu se<strong>in</strong>.<br />

Aber Sie haben etwas an sich, was Offenheit weckt. Und so<br />

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