„… Bei uns in der Lofag …“ - Verband Wiener Volksbildung
„… Bei uns in der Lofag …“ - Verband Wiener Volksbildung
„… Bei uns in der Lofag …“ - Verband Wiener Volksbildung
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Auf dem Weg <strong>in</strong> die Fabrik<br />
135<br />
Dora Schimanko: „Zweirädriges“<br />
Als me<strong>in</strong> Ziehbru<strong>der</strong> und ich etwa zehn Jahre alt wurden, bekamen<br />
<strong>uns</strong>ere Fahrrä<strong>der</strong> Namen. Warum sollte auch <strong>der</strong> eigene Name<br />
Privileg von Menschen, Haustieren und Schiffen se<strong>in</strong>? Me<strong>in</strong> erstes<br />
Fahrrad (<strong>in</strong> England) hieß „roun<strong>der</strong>“, also Rundes o<strong>der</strong> Rundenfahrer.<br />
Es hatte (dortzulande e<strong>in</strong>e Seltenheit) e<strong>in</strong>en gebogenen<br />
Rahmen wie e<strong>in</strong> altes europäisches Damenrad und Runden fuhren<br />
wir sowieso. Dem folgten verschiedene an<strong>der</strong>e Fahrrä<strong>der</strong> wie <strong>der</strong><br />
„Gaßbock“ (kle<strong>in</strong>, grau, schwer lenkbar, mit e<strong>in</strong>er Übersetzung 10x<br />
treten – e<strong>in</strong>mal fahren), „Gaul“ uraltes rotgestrichenes Damenrad,<br />
o<strong>der</strong> das sehr kurze grüne Sportrad „Frosch“.<br />
Das Fahrrad für den Arbeitsweg <strong>in</strong> die <strong>Lofag</strong> hieß eigentlich<br />
„Blitz“ wurde aber wegen me<strong>in</strong>er Fahrweise nur mehr „Schimmel“<br />
genannt. „Schimmel“ befuhr viele Varianten durch den 20. Bezirk,<br />
fand aber nichts Gutes. Die Dresdnerstraße war voller schneller,<br />
st<strong>in</strong>ken<strong>der</strong> Lastwagen; die Parallelstraßen dazu bed<strong>in</strong>gten Umwege.<br />
Um den Augarten gab es Holperpflaster wie fast überall zwischen<br />
Kai und Wallenste<strong>in</strong>platz. „Schimmel“ hatte alle Nachteile<br />
e<strong>in</strong>es Halbrenners, was da s<strong>in</strong>d schmale heikle Bereifung, gebückte<br />
Fahrhaltung bei doppelt gebogenem Lenker und – das Ärgste – e<strong>in</strong>en<br />
messerschmalen Rennsattel. Ich fand bald e<strong>in</strong>e Nachfolger<strong>in</strong>,<br />
das Damenrad „Ross“, lernte aber schon für die Verkehrsprüfung<br />
für den Führersche<strong>in</strong> kle<strong>in</strong> a (Kle<strong>in</strong>krafträ<strong>der</strong> bis 125 cm 3 ). Ich bestand<br />
sogar auf Anhieb die Prüfung.<br />
E<strong>in</strong> Roller Puch 125 wurde gekauft und natürlich gleich getauft.<br />
Er hieß „das Tier“ wurde aber nur „Viech“ genannt, was sich herrlich<br />
abwandeln ließ, vom „Mistviech“ bis zum zärtlichen „Viecherl“<br />
gab es alles. Anfangs traute ich dem starken und h<strong>in</strong>terhältigem<br />
Viech nicht; jedenfalls nicht ehe ich alle Handgriffe und Fußtritte<br />
gründlich beherrschte, und ohne festem Antreten lief meistens<br />
garnichts. Also fuhr ich anfangs mit „Ross“ und stellte mir vor, ich<br />
lenkte das Rollervieh. Wenn man e<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>en Buben im Sesselchen<br />
sitzend Lokomotivführer spielen sieht – wie er beschleunigt<br />
und bremst und tütet, so ähnlich g<strong>in</strong>g das vor sich. Zum Glück hat<br />
mich niemand dabei beobachtet! Kurz darauf kurvte ich um die<br />
Häuserblocks – im Fahrradtempo versteht sich – o<strong>der</strong> fuhr sogar zu