„… Bei uns in der Lofag …“ - Verband Wiener Volksbildung
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Wohnen <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Lofag</strong> – K<strong>in</strong>dheitser<strong>in</strong>nerungen<br />
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Ernst Tremmel: Diesen Ausspruch verwendeten nicht nur die Beschäftigten<br />
<strong>der</strong> Lokomotivfabrik, wenn sie Außenstehenden etwas<br />
zu erzählen hatten. Auch alle Angehörigen, K<strong>in</strong><strong>der</strong> und Pensionisten,<br />
die <strong>in</strong> den Fabrikwohnhäusern wohnten, gebrauchten bei ihren<br />
Erzählungen diese Worte. Bis zu me<strong>in</strong>em 22. Lebensjahr wohnte ich<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er dieser Zimmer-Küche-Werkswohnungen. Unser Wohnhaus<br />
mit den Stiegen 8 und 9 überstand die Bombenangriffe im Zweiten<br />
Weltkrieg wie durch e<strong>in</strong> Wun<strong>der</strong>, bis auf kaputte Fenster und stellenweise<br />
Beschädigungen an <strong>der</strong> Außenmauer, relativ unbeschädigt.<br />
Die Fabrikzufahrt war damals nur von <strong>der</strong> Brünnerstraße am<br />
Beamtenhaus, an <strong>der</strong> Trafik vorbei und entlang <strong>der</strong> Werkskant<strong>in</strong>e<br />
zwischen den Arbeiterwohnhäusern <strong>in</strong> die Fabrik möglich. Also e<strong>in</strong>e<br />
Sackgasse welche die Anlage vom öffentlichen Verkehr abseits hielt.<br />
Von den ehemals sieben Wohnhäusern blieben nur das Beamtenhaus<br />
an <strong>der</strong> Brünnerstraße 2 und e<strong>in</strong> halbes Arbeiterwohnhaus stehen.<br />
Die zweistöckigen Arbeiterwohnhäuser mit je zwei Stiegen hatten<br />
pro Stiege jeweils fünf Wohnungen mit Zimmer-Küche-Kab<strong>in</strong>ett<br />
und sechs Wohnungen mit Zimmer-Küche. Zu je<strong>der</strong> Wohnung war<br />
im Klosettgang außerhalb <strong>der</strong> Wohnung e<strong>in</strong> WC verfügbar. Wasser<br />
musste man von <strong>der</strong> Gangbasena holen. In jedem Stock gab es somit<br />
e<strong>in</strong> Kommunikationszentrum, bei dem die neuesten Geschichten und<br />
Gerüchte ausgetauscht, Streitigkeiten ausgetragen und auch wie<strong>der</strong><br />
Freundschaften geschlossen wurden. So kam es öfters vor, dass das<br />
Wasserholen mit <strong>der</strong> obligaten weißen Wasserkanne schon ziemlich<br />
lange dauern konnte. Im Parterre <strong>der</strong> Stiege 12 waren drei Waschküchen<br />
e<strong>in</strong>gerichtet. Mit e<strong>in</strong>er Herdfeuerstelle für Holzfeuer, e<strong>in</strong>em<br />
Wasserkessel und e<strong>in</strong>em großen Schwemmbottich. Den Waschtrog,<br />
die Rumpel und an<strong>der</strong>es Gerät sowie die Wäsche musste man am<br />
angemeldeten Waschtag h<strong>in</strong>transportieren. Anmeldungen mussten<br />
beim Hausmeister gemacht werden. Die gere<strong>in</strong>igte Wäsche wurde<br />
h<strong>in</strong>ter den Stiegen 8 und 9 auf Wäschele<strong>in</strong>en im Freien zum Trocknen<br />
aufgehängt.<br />
Die soziale E<strong>in</strong>stellung <strong>der</strong> Firma äußerte sich <strong>in</strong> dem sehr nie<strong>der</strong>en<br />
Mietz<strong>in</strong>s und dar<strong>in</strong> dass, man die durch Unfall o<strong>der</strong> Krankheit<br />
arbeitsunfähigen Firmenangehörigen und Pensionisten sowie <strong>der</strong>en<br />
Ehefrauen bis zu ihrem Tode wohnen ließ. Auch me<strong>in</strong>e Mutter als