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„… Bei uns in der Lofag …“ - Verband Wiener Volksbildung

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waren <strong>in</strong> Zivilkleidung. Sie hatten Schnürschuhe mit Holzsohlen an,<br />

mit richtigen Holzsohlen!<br />

Als ältester im Saal des Lehrl<strong>in</strong>gsheims war ich damals Kameradschaftsführer,<br />

und e<strong>in</strong>es Tages hat <strong>der</strong> Heimleiter zu mir gesagt,<br />

ich soll mir zwei Helfer nehmen und was übrig geblieben ist vom<br />

Essen und von <strong>der</strong> Suppe soll ich vis-a-vis <strong>in</strong>s Gefangenenlager<br />

br<strong>in</strong>gen. Es war nur durch e<strong>in</strong>en Zaun abgetrennt von <strong>uns</strong>. Dort<br />

ist e<strong>in</strong> Wachhaus gestanden, und ich sollte alles zu dem Wächter<br />

tragen und sagen, <strong>der</strong> Heimleiter schickt mich und es soll aufgeteilt<br />

werden auf die Baracken. Jeden Tag e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Baracke. Ich b<strong>in</strong><br />

also dort h<strong>in</strong>gegangen und habe dem Posten die Sache erzählt. Der<br />

Posten hat angerufen, und dann ist e<strong>in</strong> Offizier gekommen und hat<br />

mich gefragt, was ich da will. Das käme gar nicht <strong>in</strong> Frage, hat er<br />

geme<strong>in</strong>t, denn die Kriegsgefangenen haben sowieso genug zu essen.<br />

Die sollen lieber mehr arbeiten usw.. Na ja, gut, er hat mich<br />

stehen lassen und ist wie<strong>der</strong> gegangen. Ich habe me<strong>in</strong>en Kübel wie<strong>der</strong><br />

gepackt und b<strong>in</strong> wie<strong>der</strong> <strong>in</strong>s Lehrl<strong>in</strong>gslager zurück. Das lag nicht<br />

weit weg, vielleicht 50 Meter. Der Gloggnitzer, <strong>uns</strong>er Heimleiter,<br />

war zufällig da. Er war <strong>in</strong> Zivil, wie er normalerweise die ganze Zeit<br />

über herumgegangen ist, und ich habe ihm erzählt, dass ich den<br />

Kübel nicht anbr<strong>in</strong>gen kann. Also s<strong>in</strong>d wir wie<strong>der</strong> zurück zu den<br />

Baracken, und diesmal ist er mitgegangen. Der Wächter hat wie<strong>der</strong><br />

angerufen, und wie<strong>der</strong> ist <strong>der</strong> Offizier gekommen, natürlich fuchsteufelswild.<br />

Jetzt hat ihm me<strong>in</strong> Heimleiter gesagt, dass das Essen<br />

aufgeteilt werden soll, aber <strong>der</strong> Offizier hat sich strikt geweigert.<br />

Es wurde e<strong>in</strong>e lange Diskussion daraus, bis <strong>der</strong> Gloggnitzer gesagt<br />

hat: „Hören sie zu! Wenn Sie das nicht sofort aufteilen lassen, lasse<br />

ich Sie nach Rußland br<strong>in</strong>gen.“ Momentan ist dem Offizier an<strong>der</strong>s<br />

geworden. Jedenfalls s<strong>in</strong>d dann e<strong>in</strong> paar Russen gekommen, die<br />

haben die Suppe genommen und aufgeteilt.<br />

Das Verhältnis <strong>in</strong> <strong>der</strong> Werkstätte zu den Gefangenen und<br />

Zwangsarbeitern war sehr gut. Wir haben sehr darauf geachtet,<br />

dass die auch etwas zu essen gehabt haben. Wir s<strong>in</strong>d gut gefahren<br />

damit und die Fremdarbeiter haben gearbeitet und <strong>uns</strong> nie Schwierigkeiten<br />

gemacht.<br />

Erich Ganzger: Im März/April 1944 war ich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Firma bereits<br />

unter Fremdarbeitern. Diese wohnten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Barackenlager und<br />

sie mussten bei <strong>uns</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Lofag</strong> arbeiten. Natürlich haben die e<strong>in</strong>en

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