„… Bei uns in der Lofag …“ - Verband Wiener Volksbildung
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AZArtikel von Barbara CoudenhoveKalergi<br />
Die <strong>Lofag</strong> will nicht sterben<br />
Mittwoch, 28. Februar 1968 AZ – Politik / 3<br />
Leitet Kündigungswelle die Stillegung <strong>der</strong> Lokomotivfabrik e<strong>in</strong>?<br />
VON BARBARA COUDENHOVE-KALERGI<br />
Die Floridsdorfer Lokomotivfabrik ist Wiens größte Industrieanlage.<br />
Mit ihren 200.000 Quadratmetern verbautem Gelände, mit den<br />
gewaltigen Hallen und dem Riesenschornste<strong>in</strong> sieht sie aus wie die<br />
Kulisse für e<strong>in</strong>en Industriefilm.<br />
Nur die Akteure s<strong>in</strong>d rar, denn wie viele an<strong>der</strong>e Floridsdorfer<br />
Betriebe, wird auch die <strong>Lofag</strong> <strong>in</strong> diesen Wochen von e<strong>in</strong>er Kündigungswelle<br />
heimgesucht. „Wenn das so weitergeht“, sagt Betriebsratsobmann<br />
Walter Stassny, „dann können wir hier im Bezirk bald<br />
e<strong>in</strong>e Tafel aufstellen mit <strong>der</strong> Aufschrift: Österreichs größter Industriefriedhof.“<br />
„GESUNDSCHRUMPFEN“ ODER ZUSPERREN?<br />
Letzten Freitag haben wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong> paar Dutzend Arbeiter den<br />
blauen Brief bekommen. Im Zuge <strong>der</strong> „Gesundschrumpfungspolitik“<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> verstaatlichten Industrie soll die <strong>Lofag</strong>, die für e<strong>in</strong> paar<br />
tausend Arbeitskräfte ausgelegt ist, vom 1. April an nur 450 Arbeiter<br />
beschäftigen. Man munkelt von Plänen, das Werk, das zum Simmer<strong>in</strong>g-Graz-Pauker-Konzern<br />
gehört, völlig stillzulegen.<br />
Vor<strong>der</strong>hand wartet man zwar noch auf e<strong>in</strong>en Betriebsprüfungsbericht,<br />
aber schon jetzt ist die Absicht <strong>der</strong> Geschäftsführung durchgesickert,<br />
den Bau <strong>der</strong> Diesellokomotiven im Schwesterwerk Simmer<strong>in</strong>g<br />
und den Elektrolokbau im Grazer Werk zu konzentrieren.<br />
<strong>Bei</strong>de Fabriken s<strong>in</strong>d kle<strong>in</strong>er als das Floridsdorfer Werk. Für dieses<br />
wäre die Verwirklichung des Plans wohl <strong>der</strong> Todesstoß.<br />
ZENTRUM DER ARBEITERBEWEGUNG<br />
Die <strong>Lofag</strong> Arbeiter s<strong>in</strong>d entschlossen, die Abwürgung ihres<br />
Betriebes nicht kampflos h<strong>in</strong>zunehmen. Ihnen geht es dabei nicht<br />
nur um ihren Arbeitsplatz. Sie hängen an ihrer „Bude“, und sie s<strong>in</strong>d<br />
stolz auf sie, denn diese Fabrik die <strong>in</strong> drei Jahren ihr hun<strong>der</strong>tjähriges<br />
Jubiläum feiern könnte, ist nicht nur e<strong>in</strong> Ort, <strong>in</strong> dem Loko-