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„… Bei uns in der Lofag …“ - Verband Wiener Volksbildung

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Kriegswitwe (Me<strong>in</strong> Vater fiel am 26.12.1944) durfte mit mir weiterwohnen.<br />

In den ersten Jahren nach dem Krieg gab es für <strong>uns</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

aufregende Spielplätze. Die Ru<strong>in</strong>en <strong>der</strong> umliegenden Häuser standen<br />

teilweise noch bis zum ersten Stock, <strong>in</strong> die Keller konnte man<br />

zum Teil noch durch Kellerfenster klettern. Trotz Verboten und e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>glichen<br />

Mahnungen <strong>der</strong> Eltern wegen <strong>der</strong> E<strong>in</strong>sturzgefahr wurde<br />

von <strong>uns</strong> alles im Verborgenen erkundet. Der Graben – so sagte man<br />

zum Gelände zwischen Luftschutzbunker und späterer SGP-Fabrikzufahrt<br />

– war <strong>der</strong> schönste und anziehendste Platz für <strong>uns</strong>. Dort war<br />

es nicht e<strong>in</strong>sehbar, mit Sträuchern verwachsen, auch e<strong>in</strong>e Hausru<strong>in</strong>e<br />

lag daneben, direkt neben <strong>der</strong> Zufahrtstraße. Wir konnten dort aus<br />

Ru<strong>in</strong>enziegeln und Sträuchern Häuschen errichten und ungestört<br />

spielen. <strong>Bei</strong>m Haupttor, <strong>der</strong> früheren Zufahrt, zwischen Tschechischem<br />

Haus und Werkskant<strong>in</strong>e wurde meistens Fußball gespielt. Am<br />

liebsten hätten wir ja vor <strong>uns</strong>erem Wohnhaus auf <strong>der</strong> wun<strong>der</strong>schön<br />

glatt asphaltierten Straße gespielt, aber das wussten immer e<strong>in</strong>ige<br />

ältere Frauen mit lauten Schimpfkanonaden zu verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n.<br />

Auf <strong>uns</strong>erer Stiege 9 wohnte auch <strong>der</strong> Chauffeur des russischen<br />

Generaldirektors, Herr Herrmann Wust<strong>in</strong>ger. In <strong>der</strong> USIA-Zeit warteten<br />

wir oft am Abend schon manchmal bei <strong>der</strong> Trafik auf se<strong>in</strong>e<br />

Rückkehr von <strong>der</strong> Dienstfahrt. Er fuhr zum Re<strong>in</strong>igen und E<strong>in</strong>stellen<br />

des Autos <strong>in</strong> die Fabrikgarage. Wenn er feststellte, dass wir Hände,<br />

Füße und die Hose sauber hatten, dann durften wir geme<strong>in</strong>sam mit<br />

se<strong>in</strong>em Sohn Herrmann, <strong>der</strong> me<strong>in</strong> bester Freund war im Generaldirektorauto<br />

mit ihm bis zur Garage mitfahren. Ob im Wolga, Vauxhall<br />

o<strong>der</strong> Ford, es war immer e<strong>in</strong> wun<strong>der</strong>schönes, seliges Erlebnis<br />

für <strong>uns</strong>. E<strong>in</strong> Auto war damals e<strong>in</strong>e Seltenheit, ke<strong>in</strong>er <strong>der</strong> Bewohner<br />

besaß zu dieser Zeit e<strong>in</strong> Privatauto.<br />

Manchmal durften wir vor <strong>der</strong> Mittagspause für Arbeiter aus<br />

<strong>der</strong> Werkskant<strong>in</strong>e über die Gasse offenes Bier im Krügelglas holen.<br />

Am Freitag taten wir es am liebsten, da roch es schon vom Weiten<br />

herrlich, denn an diesem Tag wurden zusätzlich zum Kant<strong>in</strong>enessen<br />

auch gute Buchteln gebacken. Manchmal bekamen die ärmeren<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong> von <strong>der</strong> Schankdame, Frau Poldi, o<strong>der</strong> von den Oberköch<strong>in</strong>nen<br />

Frau Radaman und Frau Körner, e<strong>in</strong>e Buchtel gratis <strong>in</strong> die<br />

Hand gelegt. Die Buchteln waren für <strong>uns</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Köstlichkeit,<br />

die man nie vergisst.<br />

Unter <strong>der</strong> damaligen USIA-Verwaltung wurde <strong>in</strong> <strong>uns</strong>erer Wohnanlage<br />

viel verän<strong>der</strong>t. Die Ru<strong>in</strong>en wurden abgerissen, <strong>der</strong> Schutt

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