„… Bei uns in der Lofag …“ - Verband Wiener Volksbildung
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können, haben sie ihm den Heimatsche<strong>in</strong> weggenommen. So war er<br />
praktisch staatenlos, und wir K<strong>in</strong><strong>der</strong>, wir waren zu dritt zu Hause,<br />
haben nicht gewusst, wovon wir leben sollen. Also irgende<strong>in</strong> Hoffnungszweig,<br />
e<strong>in</strong>e neue Glie<strong>der</strong>ung <strong>in</strong> Österreich lag im Anschluss.<br />
Sofort gab’s Arbeit und ich konnte me<strong>in</strong>e Lehre beg<strong>in</strong>nen. Also wir<br />
haben volles Verständnis gehabt für den Umschwung. Aber e<strong>in</strong> paar<br />
Jahre später, als wir dann e<strong>in</strong>rücken mussten war die Begeisterung<br />
natürlich vorbei. Ich habe zu me<strong>in</strong>em Vater gesagt: „Wenn wir den<br />
Krieg gew<strong>in</strong>nen, als Großdeutsches Reich, b<strong>in</strong> ich General, wenn<br />
ich von <strong>der</strong> Gefangenschaft zurückkomme“. Sagt er: „Du bist ja<br />
schon jetzt e<strong>in</strong> Kommunist.“<br />
Spiridion Jovovic: Ich möchte mit dem 11. März beg<strong>in</strong>nen, also dem<br />
Zeitpunkt <strong>der</strong> Abdankung des damaligen Bundeskanzlers Schuschnigg.<br />
Ich selber war zwölf Jahre alt, also gerade an <strong>der</strong> Schwelle des<br />
Er<strong>in</strong>nerungsvermögens und hätte eigentlich me<strong>in</strong>e Schulaufgaben<br />
machen sollen, habe aber natürlich Radio gehört. Und ich war deshalb<br />
<strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Familie <strong>der</strong> erste, <strong>der</strong> von den Ereignissen viel<br />
mitgekriegt hat. Ich muss noch vorausschicken, me<strong>in</strong>e Eltern haben<br />
<strong>in</strong> Ottakr<strong>in</strong>g e<strong>in</strong> Gasthaus besessen, das heißt, es war e<strong>in</strong> sehr großer<br />
Kreis von Leuten als Gäste vorhanden, die allen möglichen Konfessionen<br />
bzw. allen möglichen politischen Richtungen angehörten und<br />
die also von diesen Ereignissen mehr o<strong>der</strong> weniger erfreut bzw.<br />
bestürzt waren. Aber e<strong>in</strong>en zwölfjährigen Buben <strong>in</strong>teressiert das weniger.<br />
Es war viel aufregen<strong>der</strong> auf die Straße zu gehen, um zu sehen,<br />
was sich dort tut. Und das Überraschende war, dass <strong>der</strong> Zustrom<br />
von Anhängern des neuen Regimes überraschend groß gewesen ist.<br />
Über die Thaliastraße s<strong>in</strong>d Kolonnen Richtung Stadt marschiert und<br />
es waren sehr viele Polizisten dabei, die über ihren Uniformmänteln<br />
Hakenkreuzarmb<strong>in</strong>den getragen haben. Am nächsten Tag war für<br />
<strong>uns</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> das Erfreulichste: Es gab ke<strong>in</strong>e Schule! – Also g<strong>in</strong>gen wir<br />
schauen. Das war die Zeit <strong>der</strong> Überfluges <strong>der</strong> deutschen Luftwaffe<br />
mit dem Abwurf von Flugzetteln usw. Und dann kam natürlich, <strong>der</strong><br />
E<strong>in</strong>marsch <strong>der</strong> deutschen Truppen, <strong>der</strong> lange nicht so perfekt funktioniert<br />
hat, wie das <strong>in</strong> <strong>der</strong> Presse und <strong>in</strong> <strong>der</strong> Propaganda dargestellt<br />
worden ist. Ich habe das damals noch überhaupt nicht gewusst, war<br />
ja auch viel zu kle<strong>in</strong>, aber <strong>der</strong> Zufall hat mich dann, als ich e<strong>in</strong>rücken<br />
musste, im Jahre 1943, genau zu jener Truppe geführt, die im 38-er<br />
Jahr <strong>in</strong> Österreich als erste e<strong>in</strong>marschiert ist. Das war die 2. Deut-