„… Bei uns in der Lofag …“ - Verband Wiener Volksbildung
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gebracht wurden, sieht man, welche riesigen Verän<strong>der</strong>ungen sich<br />
für die arbeitenden Menschen im beruflichen, sozialen und zivilen<br />
Leben vollzogen. Aber diese Art von Aufarbeitung des Arbeitslebens<br />
unterscheidet sich wesentlich von <strong>der</strong> offiziell vorhandenen<br />
Geschichtsschreibung. Hier wird vom Leben und den Erfahrungen<br />
<strong>der</strong> e<strong>in</strong>fachen Arbeiter und Angestellten ausgegangen. Von <strong>der</strong>en<br />
Sorgen und Problemen haben sehr viele ke<strong>in</strong>e Ahnung. Sie können<br />
sich nicht vorstellen, welch e<strong>in</strong> „Schock“ die Belegschaft erfasste,<br />
als sie erfuhr, dass „ihr“ Betrieb zusperren wird. Viele hatten nach<br />
dem Krieg <strong>in</strong> zum Teil durch die Besatzungsmacht ausgeräumten<br />
Werkshallen begonnen, e<strong>in</strong>e Produktion <strong>in</strong> Gang zu br<strong>in</strong>gen. Durch<br />
ihren Fleiß und ihre Erfahrung g<strong>in</strong>g es aufwärts, und man begann,<br />
neben an<strong>der</strong>en Fertigungen, wie<strong>der</strong> Lokomotiven zu bauen. Als mit<br />
dem Abschluss des Staatsvertrages <strong>der</strong> Betrieb <strong>in</strong> den Besitz <strong>der</strong><br />
Republik Österreich überg<strong>in</strong>g, wurden sie gefühlsmäßig Teilhaber<br />
daran. Für ihre Tüchtigkeit wurden nach e<strong>in</strong>igen Jahren e<strong>in</strong>e Anzahl<br />
von Arbeitern und Angestellten mit „Orden für Verdienste um<br />
die Republik“ ausgezeichnet. Als dann das Ende kam, konnten es<br />
viele nicht verstehen.<br />
Die Lokomotivfabrik war e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> ersten Betriebe, <strong>der</strong> <strong>in</strong> Floridsdorf<br />
zusperrte. Ihr folgten e<strong>in</strong>e Re<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>er. Es war aber damals<br />
noch leichter, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en Industriebetrieb e<strong>in</strong>en Platz<br />
zu f<strong>in</strong>den. Von noch im Berufsleben stehenden Teilnehmern wurde<br />
bestätigt, dass viele <strong>der</strong> e<strong>in</strong>st <strong>in</strong> den Betrieben erreichten sozialen<br />
Errungenschaften dem Sparstift geopfert werden mussten. Das geschah<br />
auch <strong>in</strong> den beiden letzten noch bestehenden SGP-Betrieben<br />
Simmer<strong>in</strong>g und Graz, die heute dem Siemens-Konzern gehören.<br />
Mehr und mehr steht bei den Firmen das Kostendenken an erster<br />
Stelle und die Menschen bleiben auf <strong>der</strong> Strecke. Da ke<strong>in</strong>e grundsätzliche<br />
Alternative erkennbar ist, wird das Nichtwissen, wie diese<br />
Frage zu lösen ist, das größte Problem für die Zukunft.<br />
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Erich Ganzger