„… Bei uns in der Lofag …“ - Verband Wiener Volksbildung
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ten selbst durchführen lassen. Hätte er ke<strong>in</strong>e Wohnung genommen,<br />
wäre das Beamtenhaus abgerissen worden, genauso wie e<strong>in</strong>ige <strong>der</strong><br />
an<strong>der</strong>en Arbeiterwohnhäuser, die ebenso schwere Bombenschäden<br />
aufwiesen. Me<strong>in</strong> Vater entschied sich für die Wohnung Hochparterre<br />
und ließ Maurer, Tischler, Glaserer und Maler kommen,<br />
welche die Wohnung wie<strong>der</strong> benutzbar machten. Da aber diese<br />
Wohnung sehr groß war, ließ me<strong>in</strong> Vater e<strong>in</strong> Zimmer abmauern, sodaß<br />
dies später <strong>der</strong> Nachbarwohnung angeglie<strong>der</strong>t werden konnte.<br />
Trotzdem blieben noch 99 Quadratmeter übrig -<strong>in</strong> Zeiten akutester<br />
Wohnungsnot fast Luxus! E<strong>in</strong>es <strong>der</strong> beiden dreiteiligen Fenster<br />
e<strong>in</strong>es Zimmers zur Brünnerstraße h<strong>in</strong>, welches ohne Fensterstock<br />
und Gläsern war, lies er auch zumauern. Dieses fehlende Fenster<br />
an <strong>der</strong> Straßenfront des Hauses störte natürlich bis zuletzt das Gesamtbild<br />
<strong>der</strong> Hausansicht, aber danach fragte damals ke<strong>in</strong>er. Man<br />
hatte ganz an<strong>der</strong>e Sorgen, zum <strong>Bei</strong>spiel die Bezahlung <strong>der</strong> Handwerker.<br />
Diese erfolgte im „Naturalausgleich“ mit Mehl, Schmalz,<br />
Eiern, Fleisch und Kartoffeln welche me<strong>in</strong>e Eltern als Lohn für<br />
Erntearbeiten bei den Bauern am Land erhielten. Ende September<br />
1945 zogen wir dann <strong>in</strong> <strong>uns</strong>ere neue Wohnung im Beamtenhaus e<strong>in</strong>,<br />
blieben aber circa zwei Jahre die e<strong>in</strong>zigen Bewohner dieser halben<br />
„Ru<strong>in</strong>e“. Durch die Eigenleistungen beim Wie<strong>der</strong>aufbau wurde<br />
<strong>uns</strong>erer Familie viele Jahre lang, nur e<strong>in</strong> sehr niedriger Mietz<strong>in</strong>s<br />
<strong>in</strong> Rechnung gestellt. Nach cirka zwei Jahren wurde die Wohnung<br />
über <strong>uns</strong> – diesmal von <strong>der</strong> <strong>Lofag</strong> selbst – bewohnbar gemacht und<br />
an den Reparaturwerkmeister Leo Schuster vermietet. Später, wurden<br />
dann die restlichen Wohnungen von <strong>der</strong> Firma <strong>in</strong>standgesetzt<br />
und von Firmenangehörigen bezogen. In den 50er Jahren wurde die<br />
bombenbeschädigte Hälfte ganz abgerissen und wie<strong>der</strong> aufgebaut.<br />
Wenn die öffentliche Wasserversorgung ausfiel – was manchmal<br />
vorkam – konnte auf den firmeneigenen Brunnen zurückgegriffen<br />
werden. Das Beamtenhaus war mit e<strong>in</strong>em Zaun und mit Sträuchern<br />
von den übrigen Wohnhäusern abgetrennt. Auf <strong>der</strong> Wiese vor dem<br />
Haus wurde sogar e<strong>in</strong>e Sandkiste aufgestellt, was für mich als K<strong>in</strong>d<br />
natürlich ideal war. Da die <strong>Lofag</strong> zeitweise im Schichtbetrieb lief,<br />
wurden bei Störfällen die <strong>in</strong> den Häusern wohnenden Beschäftigten<br />
natürlich auch mitten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nacht aus ihren Betten <strong>in</strong> den Betrieb<br />
geholt. Nach dem Verkauf des <strong>Lofag</strong>-Geländes mussten alle Mieter<br />
aus den Häusern ausziehen. Me<strong>in</strong>e Eltern bekamen, wie die meisten<br />
an<strong>der</strong>en Mieter, im November 1984 e<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>dewohnung