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„… Bei uns in der Lofag …“ - Verband Wiener Volksbildung

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Wilhelm<strong>in</strong>e Eppel: Ich habe hier die Biographie me<strong>in</strong>es Vaters. Die<br />

ist aus dem Archiv <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> Naturwissenschaften.<br />

Adolf Giesl hat, glaube ich, 1929 se<strong>in</strong> Doktorat gemacht. Er hat<br />

schon vorher e<strong>in</strong> bisschen gezeichnet <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lokomotivfabrik. Direktor<br />

Demmer hat ihn dann engagiert. Er war von 1929 bis 1938<br />

<strong>in</strong> Amerika. Direktor Demmer hat ihn mit Segen fortgeschickt, hat<br />

gesagt, ja, es ist gut, wenn er Erfahrungen sammelt, und er ist je<strong>der</strong>zeit<br />

willkommen, wann immer er wie<strong>der</strong> zurückkommen will.<br />

Er hat <strong>in</strong> Amerika me<strong>in</strong>e Mutter kennengelernt und 1933 <strong>in</strong> New<br />

York geheiratet. Und dann hat er eben doch nicht diesen Erfolg gehabt,<br />

wie er es sich erhofft hat, und ist wie<strong>der</strong> zurück nach Europa.<br />

Die Amerikaner und <strong>uns</strong>ere Verwandten und Freunde <strong>in</strong> Amerika<br />

haben ihn sehr gewarnt. Er hat das eher auf die leichte Schulter genommen<br />

und wollte wie<strong>der</strong> heim. Se<strong>in</strong>e Eltern waren <strong>in</strong> Wien, und<br />

er hat sich gedacht, es wird schon nicht so schlimm se<strong>in</strong>.<br />

Adolf Giesl schreibt: „Am 12. März war Österreich von Hitler besetzt<br />

und Deutschland e<strong>in</strong>verleibt worden, was angesichts des schon<br />

Monate vorher e<strong>in</strong>getretenen wirtschaftlichen Aufschwungs für die<br />

Bevölkerung kaum generelles Kopfzerbrechen bedeutete. Man hatte<br />

ja die vorhergegangene bittere Zeit <strong>der</strong> Not nicht vergessen und die<br />

Zukunft kannte man noch nicht. Freilich gab es auch recht schlimme<br />

Erfahrungen für prom<strong>in</strong>ente Persönlichkeiten, auch solchen aus<br />

<strong>der</strong> Wirtschaft, die sich nicht gefährdet glaubten. So rief Direktor<br />

Demmer im März 1939 e<strong>in</strong>ige se<strong>in</strong>er engsten Mitarbeiter zusammen<br />

und sagte mit allen Zeichen <strong>der</strong> Erregung e<strong>in</strong>es zutiefst Getroffenen:<br />

„Ich muss Ihnen e<strong>in</strong>e Mitteilung machen, die Sie sicher sehr überraschen<br />

wird. Ich b<strong>in</strong> ab morgen nicht mehr ihr Generaldirektor.“<br />

Demmer, <strong>der</strong> Industrieführer, dessen Voraussicht und Mut es<br />

1930 zustande brachten, die nicht mehr existenzfähigen drei österreichischen<br />

Lokomotivfabriken zu übernehmen sowie die besten<br />

Kräfte und E<strong>in</strong>richtungen für die WLF (<strong>Wiener</strong> Lokomotiv Fabrik)<br />

zu erhalten, wurde <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em 57. Lebensjahr mit Zwangspensionierung<br />

belohnt, wohl nicht alle<strong>in</strong>, weil er sich nicht um die Partei<br />

bemühte, son<strong>der</strong>n auch, weil die neuen Inhaber <strong>der</strong> WLF, die Herren<br />

<strong>der</strong> Firma Henschel & Sohn – größte Lokomotivfabrik Deutschlands<br />

– Bedenken gegen die Teilung ihrer Macht mit e<strong>in</strong>em Mann<br />

von solcher Vitalität und Energie empfanden.<br />

Demmer erhielt natürlich e<strong>in</strong>e angemessene Pension, doch wurden<br />

ihm se<strong>in</strong>e bevorstehenden, vielleicht <strong>in</strong>teressantesten Jahre

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