„… Bei uns in der Lofag …“ - Verband Wiener Volksbildung
„… Bei uns in der Lofag …“ - Verband Wiener Volksbildung
„… Bei uns in der Lofag …“ - Verband Wiener Volksbildung
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
147<br />
Wilhelm<strong>in</strong>e Eppel: Ich habe hier die Biographie me<strong>in</strong>es Vaters. Die<br />
ist aus dem Archiv <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> Naturwissenschaften.<br />
Adolf Giesl hat, glaube ich, 1929 se<strong>in</strong> Doktorat gemacht. Er hat<br />
schon vorher e<strong>in</strong> bisschen gezeichnet <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lokomotivfabrik. Direktor<br />
Demmer hat ihn dann engagiert. Er war von 1929 bis 1938<br />
<strong>in</strong> Amerika. Direktor Demmer hat ihn mit Segen fortgeschickt, hat<br />
gesagt, ja, es ist gut, wenn er Erfahrungen sammelt, und er ist je<strong>der</strong>zeit<br />
willkommen, wann immer er wie<strong>der</strong> zurückkommen will.<br />
Er hat <strong>in</strong> Amerika me<strong>in</strong>e Mutter kennengelernt und 1933 <strong>in</strong> New<br />
York geheiratet. Und dann hat er eben doch nicht diesen Erfolg gehabt,<br />
wie er es sich erhofft hat, und ist wie<strong>der</strong> zurück nach Europa.<br />
Die Amerikaner und <strong>uns</strong>ere Verwandten und Freunde <strong>in</strong> Amerika<br />
haben ihn sehr gewarnt. Er hat das eher auf die leichte Schulter genommen<br />
und wollte wie<strong>der</strong> heim. Se<strong>in</strong>e Eltern waren <strong>in</strong> Wien, und<br />
er hat sich gedacht, es wird schon nicht so schlimm se<strong>in</strong>.<br />
Adolf Giesl schreibt: „Am 12. März war Österreich von Hitler besetzt<br />
und Deutschland e<strong>in</strong>verleibt worden, was angesichts des schon<br />
Monate vorher e<strong>in</strong>getretenen wirtschaftlichen Aufschwungs für die<br />
Bevölkerung kaum generelles Kopfzerbrechen bedeutete. Man hatte<br />
ja die vorhergegangene bittere Zeit <strong>der</strong> Not nicht vergessen und die<br />
Zukunft kannte man noch nicht. Freilich gab es auch recht schlimme<br />
Erfahrungen für prom<strong>in</strong>ente Persönlichkeiten, auch solchen aus<br />
<strong>der</strong> Wirtschaft, die sich nicht gefährdet glaubten. So rief Direktor<br />
Demmer im März 1939 e<strong>in</strong>ige se<strong>in</strong>er engsten Mitarbeiter zusammen<br />
und sagte mit allen Zeichen <strong>der</strong> Erregung e<strong>in</strong>es zutiefst Getroffenen:<br />
„Ich muss Ihnen e<strong>in</strong>e Mitteilung machen, die Sie sicher sehr überraschen<br />
wird. Ich b<strong>in</strong> ab morgen nicht mehr ihr Generaldirektor.“<br />
Demmer, <strong>der</strong> Industrieführer, dessen Voraussicht und Mut es<br />
1930 zustande brachten, die nicht mehr existenzfähigen drei österreichischen<br />
Lokomotivfabriken zu übernehmen sowie die besten<br />
Kräfte und E<strong>in</strong>richtungen für die WLF (<strong>Wiener</strong> Lokomotiv Fabrik)<br />
zu erhalten, wurde <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em 57. Lebensjahr mit Zwangspensionierung<br />
belohnt, wohl nicht alle<strong>in</strong>, weil er sich nicht um die Partei<br />
bemühte, son<strong>der</strong>n auch, weil die neuen Inhaber <strong>der</strong> WLF, die Herren<br />
<strong>der</strong> Firma Henschel & Sohn – größte Lokomotivfabrik Deutschlands<br />
– Bedenken gegen die Teilung ihrer Macht mit e<strong>in</strong>em Mann<br />
von solcher Vitalität und Energie empfanden.<br />
Demmer erhielt natürlich e<strong>in</strong>e angemessene Pension, doch wurden<br />
ihm se<strong>in</strong>e bevorstehenden, vielleicht <strong>in</strong>teressantesten Jahre