Dr. Jan Schröder - Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen ...
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Sozialstaat hat ja eine lange Tradition und Geschichte und ist in dieser Form, wie er<br />
heute da ist, dadurch entstanden, dass immer wieder einzelne Menschen Initiativen ergriffen<br />
haben und Dinge angepackt haben. Das fing in der Diakonie vor über 125 Jahren<br />
an. Ich muss immer mal wieder zu Jubiläen unserer Einrichtungen, 100 Jahre, manchmal<br />
sogar 150 Jahre. Und wenn Sie gucken, wo die Ursprünge waren, die Ursprünge<br />
waren immer so etwas, was Frau Reitsma hier geschildert hat, dass nämlich einzelne<br />
Menschen die Not gesehen und da<strong>für</strong> Hilfeformen entwickelt haben. Und dieses ist immer<br />
weiter entwickelt worden. Und in unserem deutschen Sozialstaat ist es so, dass wir<br />
immer wieder versucht haben, die Dinge zu ordnen und in Spuren zu lenken. So hat einerseits<br />
der Staat an verschiedenen Stellen eingegriffen und andererseits ist so die<br />
Wohlfahrtspflege entstanden. Aber wer sich heute hinstellt und sagt, die Wohlfahrtspflege<br />
muss abgeschafft werden, der ist, glaube ich, ein Stück neben der Realität. Ich will<br />
an dieser Stelle nur erwähnen, dass wir da auch eine wirtschaftliche und eine gesamtgesellschaftliche<br />
Verantwortung haben. Ich stehe hier <strong>für</strong> einen Verband, bei dem es<br />
immerhin um 28.000 Arbeitsplätze geht. Jetzt kann man natürlich sagen, wo<strong>für</strong> brauchen<br />
wir euch denn. Aber glauben Sie das denn wirklich, dass das realistisch ist? Ich<br />
bin Ihnen, Herr Lehmann, sehr dankbar <strong>für</strong> Ihren Einwand, den Sie gleich gemacht haben.<br />
Ich möchte noch einen Gedanken aufgreifen. Herr Blanke hat gestern etwas ganz Wichtiges<br />
gesagt. Erstens, was die Notwendigkeit der Kooperation angeht. Wir verändern die<br />
Dinge nur in Kooperation und in demokratischen Aushandlungsprozessen. Und deshalb<br />
ist es notwendig, was er gesagt hat, dass wir im Grunde eine Demokratiereform brauchen.<br />
Da will ich die Wohlfahrtsverbände ausdrücklich einbeziehen. Wir brauchen tatsächlich<br />
wieder einen Demokratisierungsprozess in unserer Gesellschaft. Denn das eigentliche<br />
Problem ist, dass immer mehr Menschen denken, sie brauchen da gar nicht<br />
mehr mitreden und gar nicht mehr mitwirken und auch ihre eigenen Rechte gar nicht<br />
mehr umsetzen. Man denkt, man hat ja die Pflegeversicherung und man hat jene Versicherung<br />
und da zahlt die Sozialhilfe. Und es geht unter, dass wir im Grunde dieses bürgerschaftliche<br />
Mitdenken und Mitwirken brauchen, um Innovationsprozesse in dem Sinne,<br />
wie sie hier andiskutiert worden sind, einleiten zu können. Das wünsche ich mir tatsächlich<br />
auch <strong>für</strong> unsere Wohlfahrtsverbände. Und da ist es richtig, was vorhin angesprochen<br />
worden ist, dass wir tatsächlich eine Rollendiffusion haben, an der wir dringend<br />
arbeiten müssen. Gerade heute Morgen beim Frühstück habe ich mit Herrn Briel<br />
vom deutschen Caritasverband genau über dieses Thema gesprochen, weil wir beide<br />
dort ein riesiges Problem empfinden. Wir lassen uns da gerne auf die Diskussion mit<br />
anderen Partnern ein, um etwas zu verändern und weiter zu entwickeln. Aber bitte nicht<br />
unter der Überschrift, „Wohlfahrtspflege ade“. Denn das halte ich <strong>für</strong> fatalistisch.<br />
<strong>Dr</strong>. <strong>Jan</strong> <strong>Schröder</strong><br />
Als Leiter einer Podiumsdiskussion freut man sich immer, wenn es heftig zugeht. Aber<br />
dem möchte ich mich anschließen, auch um am Schluss nicht den Dissens stehen lassen.<br />
Wir werden um die richtigen Lösungen ringen müssen. Ich habe Ihre Meldung, Herr<br />
<strong>Dr</strong>. Schneider, auch in diese Richtung verstanden.<br />
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