Dr. Jan Schröder - Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen ...

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Dahinter steht der Integrationsgedanke aus der Behindertenpädagogik, also die Normalisierung der Lebensbedingungen auch schwer und schwerstbehinderter Menschen. Man war zu der Auffassung gelangt, dass die individuellen Fähigkeiten zu entwickeln seien und der Persönlichkeit in stärkerem Maße Rechnung getragen werden müsse. Genauso wie in Westdeutschland hatten wir Grosseinrichtungen. Wir haben hier im Lande Sachsen-Anhalt seit 1994/95 mit einem Landesprogramm Enthospitalisierung, intensive Anstrengungen unternommen eine Verbesserung der Lebensbedingungen der Heimbewohner in diesen sogenannten psychiatrischen Großeinrichtungen zu verbessern. Sofort zeigten sich auch schon die Probleme. Eine derartige Herausentwicklung der hospitalisierten Personen, die teilweise 20 bis 30 Jahre dort wohnten, musste behutsam unter Berücksichtigung sowohl der entstandenen Bedürfnisse der Betroffenen, als auch der Größen- und Organisationsstruktur der Träger erfolgen. Ich möchte das ganz deutlich sagen: Wenn Sie dort mit einem modellhaften oder einem idealistischen Ansatz kommen, treffen Sie auf die Realsituation. Die Menschen haben dort ihre Heimat, es gibt Verbünde zwischen den betroffenen Personen, aber auch zwischen den Betreuerinnen und Betreuern, Pflegepersonal und der betroffenen Personen. Wir müssen daher bei den gewachsenen Strukturen der Betroffenen selbst ansetzen, aber wir müssen auch den Trägern sowie dem Personal eine Perspektive geben. Sie können eben nicht von heute auf morgen eine Großeinrichtung halbieren, sei es in der Kapazität oder bezüglich des Personals. Wir haben jedoch - und darauf sind wir, denke ich, mit Recht auch stolz - in der ersten Phase viel erreicht. Wir haben die Kapazitäten in den Großeinrichtungen maßgeblich abgebaut und haben die Einrichtungen, so gut es ging, auch inhaltlich profiliert. In der Ausgangslage hatte man nicht zwischen seelisch, geistig, mehrfach und sonstig behinderten Menschen differenziert. Die Einrichtungen haben im Rahmen einer Landesplanung ihr jeweiliges Profil erhalten, um besser eine individuelle Betreuung und Entwicklung der dort lebenden Menschen zu gewährleisten. In einem Werkstattgespräch zur Enthospitalisierung im vergangenen Winter hier in diesem Hause, wurde daher diskutiert, dass nach Schaffung entsprechender Räumlichkeit und baulicher Voraussetzung nunmehr die Schaffung effizienter und dauerhafter Koordinierungsmechanismen erforderlich ist, um die inhaltliche Aufgabe der Enthospitalisierung, d. h. die Ermöglichung eines selbstbestimmten und aktiven Lebens den Menschen mit Behinderung, zu gewährleisten Dieser Ansatz der Enthospitalisierung ist auch in unserem Rahmenvertrag nach § 93 BSHG eingeflossen. Der Rahmenvertrag ist im letzten Jahr abgeschlossen worden, immerhin ein sehr, auch konzeptionell beachtliches Werk von 80 Seiten. Dies haben wir gemeinsam mit den Anbietern zu Stande gebracht. Wenn Sachsen-Anhalt häufig als Schlusslicht bezeichnet wird, im Bereich Arbeitsmarkt ist das auch zutreffend, wenn allein die Statistik und nicht die Realität betrachtet wird, denn wir haben dieselbe Erwerbstätigenquote wie Rheinland-Pfalz, nur sind hier wesentlich mehr Menschen im erwerbsfähigen Alter und wollen auch einer bezahlten Arbeit nachgehen, so sind wir im Bereich der Enthospitalisierung sehr weit vorn. Wir haben es in relativ kurzer Zeit, d. h. in fünf bis sechs Jahren erreicht, einen konzeptionellen Ansatz nicht nur zu entwickeln, sondern auch schon in weiten Teilen zu verwirklichen. 20
Ich will auch keine endgültigen Ergebnisse präsentieren, sondern nur ein Schlaglicht auf das Thema des Kongresses werfen und darauf hinweisen, wo wir konkrete Ansätze nicht nur sehen, sondern auch praktizieren. In allen Bereichen gibt es Klärungsbedarf, gibt es Bedarf der konzeptionellen Weiterentwicklung. Insofern bin ich Herrn <strong>Schröder</strong>, bzw. Ihrer Gruppe ISB, sehr dankbar, dass Sie hartnäckig am Thema bleiben. Wir sind gerne bereit, die Arbeit in dieser Form oder in anderer Form hier in Magdeburg, einem guten Ort <strong>für</strong> die Sozialpolitik, fortzusetzen. Das kann ich nur nachhaltig unterstreichen. Ich hoffe wir treffen uns noch häufiger hier. Schönen Dank. 21
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