Dr. Jan Schröder - Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen ...
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zu erreichen. Das Wunsch- und Wahlrecht enthält <strong>für</strong> den Fall, dass die Meinung des<br />
Anspruchsinhabers und des Sozialleistungsträgers differiert eine gesetzliche Wertung<br />
zugunsten des Anspruchsinhabers. Die Ausübung des Wunsch- und Wahlrechts ist nicht<br />
an die Geschäftsfähigkeit oder Handlungsfähigkeit im Sinne des § 36 SGB I gebunden.<br />
Auch die Wünsche von Menschen, die z.B. einer Betreuung unterliegen, sind zu berücksichtigen.<br />
Der Sozialleistungsträger hat die Wünsche zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens<br />
zu beachten und darüber hinaus zu fördern. Will der Leistungsträger sich anders - also<br />
gegen den Wunsch des Berechtigten entscheiden, so hat er dies zu begründen und<br />
trägt im Verfahren die Darlegungs- und Beweislast. Nach diesen allgemeinen Ausführungen<br />
nun zu den speziellen Ausformungen des Wunsch- und Wahlrechts:<br />
Bundessozialhilfegesetz<br />
§ 3 BSHG wurde 1961 mit dem Bundessozialhilfegesetz geschaffen und ist damit die<br />
älteste Norm, die den Grundsatz der Individualisierung und des Wunsch- und Wahlrechts<br />
im Sozialrecht festschreibt. § 33 SGB I wurde 1975 in teilweiser Anlehnung an §<br />
3 BSHG geschaffen. § 3 BSHG kann ebenso wie § 33 SGB I nicht nur bei der Bestimmung<br />
von Art, Form und Maß der Sozialhilfe, sondern auch als Auslegungsregel <strong>für</strong> unbestimmte<br />
Rechtsbegriffe wie Zumutbarkeit, Härte, Vertretbarkeit und Angemessenheit<br />
herangezogen werden.<br />
Erheblich später (1984) wurde § 3a S.2 BSHG eingeführt, der den Vorrang ambulanter<br />
vor stationärer Hilfen festschrieb und damit das Wahlrecht einschränkte, was 1996 noch<br />
dahingehend verschärft wurde, dass nun stationäre Hilfe zu gewähren ist, wenn ambulante<br />
Hilfe mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden und stationäre Hilfe zumutbar<br />
ist. Eine weiter Beschränkung beinhalten § 3 Abs.1 S.2 und Abs. 2 S.2 BSHG im<br />
Hinblick auf stationäre Hilfen. Die Prüfung der Angemessenheit im Rahmen des § 3<br />
BSHG bezieht sich auf den sozialhilferechtlichen Bedarf und seine Bestimmung im Einzelfall.<br />
Der Mehrkostenvorbehalt bezieht sich auf die Deckung dieses Bedarfs, wobei<br />
hier eine restriktive Auslegung geboten ist und es keine absolute Obergrenze geben<br />
darf.<br />
Bei der Frage nach der Individualisierung ist bei Eingliederungshilfemaßnahmen ebenfalls<br />
§ 46 BSHG zu beachten, der die Aufstellung eines Gesamtplans vorschreibt und<br />
hierbei den behinderten Menschen zur Verwirklichung seiner Rechte beteiligen muß.<br />
SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfe)<br />
Ebenso wie in der Sozialhilfe ist das Wunsch- und Wahlrecht traditionell in der Kinder -<br />
und Jugendhilfe verankert. § 5 SGB VIII regelt das Recht der Leistungsberechtigten,<br />
zwischen Einrichtungen und Diensten verschiedener Träger zu wählen und Wünsche<br />
hinsichtlich der Gestaltung der Hilfe zu äußern, denen entsprochen werden soll, soweit<br />
dies nicht mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden ist. Auch hier besteht also<br />
der Konflikt zwischen dem Gebot der individuellen Leistungserbringung und dem Gebot<br />
der wirtschaftlichen Leistungserbringung.<br />
Dabei gilt das Wahlrecht nach § 5 SGB VIII nicht nur <strong>für</strong> Angebote verschiedener Träger,<br />
sondern auch zwischen verschiedenen Angeboten des gleichen Trägers. Dabei ist<br />
zuerst die Geeignetheit des Angebots zu prüfen und anschließend die Erfüllung des<br />
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