Dr. Jan Schröder - Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen ...
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zeichnen und hat sich in den letzten ca. 80 Jahren über Finanzierungs- und Regulierungsstrukturen<br />
eben so entwickelt.<br />
Wenn Sie in ein solches System beispielsweise plötzlich „Wettbewerb“ einführen, kann<br />
dieser nicht funktionieren, d.h., der Wettbewerb erzeugt das nicht, was man eigentlich<br />
wollte und will. Diese Verbindung, hierauf lege ich großen Wert, zwischen Institutionen<br />
und Instrumenten, muss wirklich sehr genau beachtet werden. Das heißt: Mein Ansatz<br />
bei der „Aktivierung“ ist eigentlich Institutionenpolitik. Und insoweit möchte ich erst einmal<br />
denken, wirklich denken, noch nicht so weit planen und handeln. Denken, wie ich an<br />
das Institutionensystem herankomme, mit welchen Kategorien, mit welchen Maßstäben<br />
und Erwartungen, um all das zu erreichen, was wir wollen. Das bedeutet - ich berufe<br />
mich hier ein bisschen auf André Heller, der sagte, die wahren Abenteuer seien im Kopf<br />
- wir müssen erst einmal im Kopf vieles ausräumen und umdenken, bevor wir tatsächlich<br />
etwas „machen“ können. An diesem Punkt höre ich häufig den Vorwurf, das sei a) zu<br />
abstrakt und b) zu idealistisch. Aber diese beiden Vorwürfe nehme ich gerne an, eben<br />
im Sinne von Heller: Wenn im Kopf keine Abenteuer stattfinden, dann kann man auch<br />
auf der instrumentellen Ebene nicht viel erreichen.<br />
Zum aktivierenden Staat selbst, zum Begriff der „Aktivierung“: Es gibt mehrere Versionen,<br />
die sich zum Teil widersprechen und sogar gegeneinander stehen. Eine berühmt<br />
gewordene Version ist diejenige, die Bodo Hombach im Jahr 1998 in die Welt gesetzt<br />
hat. Sie erinnern sich an die komische Formel „von der Hängematte zum Trampolin“.<br />
Hombach u.a. bezogen sich damals im Kontext einer zum Teil falschen Orientierung an<br />
Großbritannien auf die Aktivierung einzelner Personen, die aus irgendwelchen Gründen<br />
auch immer -wie es dort hieß- abhängig vom Wohlfahrtsstaat geworden seien und deshalb<br />
zu aktivieren wären. Diese Linie setzt sich im Grunde bis heute im populistischen<br />
Zweig der Sozialhilfedebatte „Arbeit statt Sozialhilfe“ fort.<br />
Der Kernpunkt einer solchen Idee ist eine radikale Trennung: hier ist der Staat oder ein<br />
Institutionensystem und am Ende dieses Institutionensystems gibt es eine Interaktion<br />
zwischen einer Instanz im staatlichen, öffentlichen Bereich und einer Person. Das Institutionensystem<br />
insgesamt will nun diese Person oder Personengruppe „aktivieren“. Wir<br />
sehen einen sehr einseitigen Ansatz von Aktivierung, der auch in England so nicht praktiziert<br />
wird, aber ich glaube, dass das genau ein Reflex des Problems war oder ist, dass<br />
bei uns Staatlichkeit immer nur so gedacht wird, der Staat solle andere aktivieren. Dann<br />
lautet meine erste Frage: Wie aktiviert der Staat eigentlich sich selbst? Nur „schlank“<br />
und „fit“ sein reicht nicht aus. Wie kann ein weitverzweigtes Institutionensystem, welches<br />
weitgehend in der bürokratischen Tradition denkt und handelt, überhaupt Personen aktivieren?<br />
Wenn die Institution sich selbst nicht (ver)ändert, kommt nie Aktivierung heraus,<br />
sondern immer nur Zwang. In diesem Konnex der Debatte über die Sozialhilfe, konzentriert<br />
natürlich auf HLU-Empfänger, die arbeitsfähig sind etc., musste der Deutsche Städtetag<br />
erst mühsam der „hohen“ deutschen Politik beibringen, dass es sich ja nur um maximal<br />
400.000 Personen handelt, von denen sich schon viele in Maßnahmen befinden.<br />
Mit der Metapher vom „Trampolin“ laufen Aktivierung oder der Aktivierungsbegriff falsch.<br />
Das strahlt auch in andere Sozialbereiche aus, indem immer dieses Verhältnis suggeriert<br />
wird: die Institution und der Einzelne oder die Einzelperson. Das halte ich <strong>für</strong> falsch<br />
oder nur <strong>für</strong> ein ganz kleines Stückchen der Wahrheit.<br />
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