Dr. Jan Schröder - Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen ...
Dr. Jan Schröder - Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen ...
Dr. Jan Schröder - Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Frage der Wirkungsorientierung, bei der ganz verschiedene Wirkungsdimensionen betrachtet<br />
werden müssen. Ich habe heute weitgehend gehört, es ginge immer um die<br />
Wirkung im Einzelfall. Das ist zu wenig! Wir müssen mehrere, möglicherweise fünf Wirkungsdimensionen<br />
klassifizieren. Steuert man daraufhin, kommt man auch zu einer Stufung.<br />
Individuelle Wirkung im Einzelfall? Nicht nur: Sie haben gesagt, ich zitiere Herrn<br />
<strong>Schröder</strong>, (aggregierte) Wirkung <strong>für</strong> die Gruppe. Es geht nicht um den einzelnen Sozialhilfeempfänger,<br />
sondern es geht auch um bestimmte Gruppen von Personen, z.B. jugendliche<br />
Sozialhilfeempfänger, Langzeitarbeitslose oder gesundheitlich Eingeschränkte.<br />
Der Einzelfall ist häufig nur ein Exempel <strong>für</strong> die Gruppe. Das ist der Blickwinkel der<br />
Politik, die eine ganz bestimmte Gruppe als Problemgruppe definiert und „bearbeitet“.<br />
Hinzu kommen noch soziale oder gesellschaftliche Wirkungen. Es soll ja nicht nur die<br />
einzelne Person aktiviert, sondern es soll immer auch eine gesellschaftliche Wirkung im<br />
Umfeld erzielt werden. Entweder generalpräventiv oder im Sinne der positiven Wirkung.<br />
Im Pflegebereich ist zum Beispiel immer die <strong>Familie</strong> mitbetroffen. Ich habe neulich im<br />
Kontext einer Qualitätsmanagement-Initiative und einer Befragung über Wirkung und<br />
Zufriedenheit gesagt: Wer ist denn jetzt eigentlich der Kunde? Der Patient? – Nein, da<br />
hängt ein ganzes Kundensystem dahinter. Die müssen Sie auch noch befragen. Was ist<br />
mit der <strong>Familie</strong>? Ist denn die <strong>Familie</strong> zufrieden, wenn der Patient ganz schnell wieder<br />
nach Hause kommt, wie es die Leute von der Effizienzsteuerung möchten, oder ist die<br />
<strong>Familie</strong> vielleicht sogar zufrieden, wenn sie dieses Problem <strong>für</strong> eine Woche los ist und<br />
sich erholen kann? Das ist ganz schwierig. Oder im sozialen Umfeld: Wie sieht es mit<br />
dem Stadtteil aus, wenn ich hier etwas mache? Das ist also die dritte Wirkungsdimension.<br />
Dann interessiert die Politik besonders die symbolische Wirkungsdimension. „Wir tun<br />
etwas Gutes. Wir schaffen das Problem weg.“ Häufig geschieht dies durch Neudefinition<br />
des Problems. Hier müssen wir sagen: Übernehmt bitte Verantwortung <strong>für</strong> das, was ihr<br />
an Wirkung anvisiert. Übernehmt vor allem auf der politischen Ebene die Verantwortung<br />
<strong>für</strong> die Politik. Macht ganz klar, was ihr wirklich wollt und könnt, sonst fördern wir nur<br />
noch Zynismus im Sozialbereich. Schließlich sind wir noch mit einem riesigen Problem<br />
konfrontiert, nämlich mit der Wirkung der Wirkung auf andere Wirkungen. Also die<br />
Rückwirkung von solchen Maßnahmen. Die Kybernetik zweiter Generation.<br />
Das bedeutet, dass die Politik sich überhaupt nicht einbilden kann, durch politische,<br />
zentrale Steuerung, nicht einmal durch das Verhandlungssystem, die komplexen Wirkungsdimensionen<br />
in den Griff zu bekommen. Deswegen muss über das System der<br />
Verantwortungsstufung nachgedacht werden. Ich sage: Zielklarheit, Prioritätensetzung,<br />
Verantwortungsübernahme und Kooperation. In der nächsten Ebene geht es eher um<br />
die Leistung selbst. Hier muss mehr Verantwortung nach unten. Mehr Dezentralisierung.<br />
Aber dieser Bereich muss die Verantwortung auch wirklich übernehmen, bis hin zu Effizienz-<br />
und Effektivitätsfragen. Es muss Kooperation herrschen. Wir dürfen eigentlich<br />
nicht mehr an einzelne Rollen wie Kunden, Patienten oder sonst etwas denken, sondern<br />
es handelt sich um koproduktive Prozesse. Keine soziale Dienstleistung hat irgendeine<br />
Wirkung, wenn nicht Koproduktion stattfindet, wenn nicht Patient und Arzt, Klient mit<br />
Helfer usw. zusammenarbeiten. Und dies muss organisiert werden. In den Vereinbarungen,<br />
Entgeltvereinbarungen etc. müssen auch die Spielräume vorhanden sein, um<br />
koproduktive Prozesse wirklich zu befördern. Das kostet potenziell Geld. Aber vielleicht<br />
36