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Dr. Jan Schröder - Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen ...

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<strong>Dr</strong>. Bernd Schulte<br />

Wenn Sie mich jetzt so dezidiert danach fragen, möchte ich sagen: klare Antwort ja, aber<br />

unter ganz gewissen Kriterien und <strong>für</strong> ganz bestimmte Personengruppen. Wir gehen<br />

ja im übrigen schon diesen Weg. Wir sind gerade darauf hingewiesen worden im Zusammenhang<br />

mit dem Pflegegeld. Interessant beim Pflegegeld sind zwei Gesichtspunkte,<br />

die man vielleicht noch hinzufügen könnte. Das eine ist, dass wir keine Verwendungsnachweise<br />

verlangen, sondern wir fragen nur, ob die Pflegebedürftigkeit abgebaut<br />

wird. Und wenn die Schwiegertochter oder die Tochter das tun, und sie tun das unentgeltlich,<br />

dann können der Pflegebedürftige und die pflegende Person das Geld anders<br />

verwenden. Das ist ein wichtiger Punkt. Da ist sehr viel Freiheit mit verbunden.<br />

Der zweite Punkt ist, dass der Wert des Pflegegeldes geringer ist als der Wert der entsprechenden<br />

Sachleistungen. Damit ist eine sehr intelligente und auch sparsame Lösung<br />

entwickelt worden. Gleichwohl wählen ungefähr 80 Prozent der Personen, die die<br />

wertvollere Sachleistung in Anspruch nehmen könnten, die weniger wertvolle Geldleistung.<br />

Und warum tun sie das? Weil nämlich zur Autonomie, zum Status des Bürgers<br />

dazu gehört, dass er finanziell disponieren kann. In unserer Gesellschaft ist der Bürger<br />

eben auch Marktbürger. Es geht um finanzielle Handlungsfreiheit in der Marktgesellschaft.<br />

Wenn wir das Normalisierungsprinzip einführen wollen, etwa Normalisierung <strong>für</strong><br />

alte Menschen, <strong>für</strong> Pflegepersonen und auch <strong>für</strong> Behinderte, dann müssen wir diese<br />

Personen in die Lage versetzen, so zu leben wie jeder andere auch. Wir alle leben mit<br />

unserem eigenen Budget. Das kommt aus der Erwerbsarbeit und bei anderen Gruppen,<br />

die keine Erwerbsarbeit ausüben können, kommt das eben aus Sozialtransferleistungen.<br />

Aber das Ziel sollte sein, auch diesen Personen die Möglichkeit des freien Wirtschaftens<br />

zu geben. Das sollte der Grundsatz sein. Er unterliegt natürlich Einschränkungen, vor<br />

allen Dingen Einschränkungen wirtschaftlicher Art. Im Ergebnis kann es natürlich nicht<br />

teurer sein als die Sachleistung, d.h. das Budget kann nicht höher sein als die entsprechende<br />

Sachleistung. Deswegen habe ich schon gesagt, die damals gefundene Lösung<br />

bei der Pflegeversicherung sei intelligent, weil sie sozusagen nicht nur den gleichen<br />

Wert hat, sondern sie hat sogar weniger, insofern spart der Staat etwas. Das war an<br />

sich eine gute Lösung, wie ich finde.<br />

Ein dritter Punkt. Ich komme heute zum letzten Mal auf Mallorca zurück. Das Beispiel<br />

war ja ein bisschen anders. Das Beispiel, wenn ich es richtig in Erinnerung habe, war,<br />

jemand geht nach Mallorca und was tut er da, er trinkt Sangria, obwohl er eine Medikation<br />

bekommt, die sich mit dem Alkohol nicht gut verträgt. Jetzt frage ich Sie ganz pointiert,<br />

was tun wir dann? Wenn wir als „normale“ Versicherte, die vielleicht auch Krankenleistungen<br />

in Anspruch nehmen und ihre Medikation haben und nach Mallorca fahren,<br />

kann es auch passieren, dass wir eine Medikation zu uns nehmen und gleichzeitig<br />

Sangria zu uns nehmen und uns das gesundheitlich nicht bekommt.<br />

Die Frage, die sich hier stellt, ist, ob der Sozialstaat die Aufgabe hat, zwar in unserem<br />

Falle zuzulassen, dass wir rauchen und Auto fahren und alle möglichen andere gefährlichen<br />

Sachen machen und Berg steigen usw. und uns selber schädigen im Ernstfall -<br />

sobald aber jemand Sozialtransferleistungen bekommt, etwa als Behinderter oder als<br />

Pflegeperson, auf einmal als <strong>für</strong>sorglicher Sozialstaat sagen: „Da musst du aufpassen,<br />

das geht nicht“. Der <strong>für</strong>sorgliche Sozialstaat darf bei uns an sich nur eingreifen, wenn<br />

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