Dr. Jan Schröder - Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen ...
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in den öffentlichen Bereichen, die solidarisch gesteuert sind, ist erst dann thematisierbar,<br />
wenn die Partner, die bisher gemeinsam steuern, in wechselseitigem Vertrauen darin<br />
übereinstimmen, dass die Effizienzfrage eine entscheidende Frage ist. Eine isolierte<br />
Herangehensweise führt aus unserer Sicht zum Scheitern wie in Neuseeland oder in<br />
den USA.<br />
Wir benötigen eine neue Rollendefinition in alten Institutionen. In der Bundesrepublik<br />
Deutschland werden wir nie eine komplette Institutionenreform beschert bekommen. Die<br />
sozialwissenschaftliche Forschung liefert hier gute Erkenntnisse. Stichwort: Pfadabhängigkeit.<br />
Die Institutionen entwickeln in einem relativ langen Zeitrahmen Handlungskorridore<br />
immer so um die berühmten fünf Grad herum, die der „Tanker“ gerade noch<br />
schafft, um sich auf Dauer zu verändern. Wenn wir Teile von Institutionen verändern<br />
wollen, z.B. bestimmte blockierende Teilinstitutionen, brauchen wir sowohl neue Rollendefinitionen<br />
als auch kooperatives Handeln. Stichwort: Gesundheitswesen, das zu meinem<br />
Hobbybereich geworden ist. Seit 15 Jahren denke nicht nur ich darüber nach, wie<br />
man die Kassenärztliche Vereinigung als Relikt der Notstandsgesetzgebung der Weimarer<br />
Republik abschaffen kann.<br />
Jetzt sehe ich, dass sich der Gedanke verbreitet. Das stimmt mich sehr hoffnungsfroh.<br />
Ich möchte die etwas paradoxe These aufstellen, dass die Abschaffung der KV im Sinne<br />
der Wirkungsorientierung vom Patienten nicht bemerkt würde. Die Ärzte und die Kassen<br />
würden es allerdings merken. In einem so eingespielten korporatistischen System aus<br />
KV und Kassen müsste dann natürlich auch bei der Gegenseite etwas geändert werden.<br />
Denn ein Wettbewerb mit alten bürokratischen Krankenkassen wäre eine Farce. Viele<br />
Ärzte wären begeistert, insbesondere die Jüngeren. Sie wollen die Zwangsmitgliedschaft<br />
und diese Undurchsichtigkeit der Abrechnungen nicht mehr. Das System schafft<br />
einen unnötigen Overhead und wenig „Gerechtigkeit“. Im Sinne der Effizienz gehen zudem<br />
Ressourcen verloren, von denen nie ein Pfennig beim Endverbraucher, dem Patienten,<br />
ankommt, sondern die sich in reiner Verwaltung und Konfliktbewältigung selbst<br />
auflösen. Dies ist ein Punkt, an dem man im Rahmen eines gesamt-institutionellen Systems<br />
beispielhaft Teilinstitutionen abschaffen kann und abschaffen muss, um Wirkungsorientierung<br />
in dem Sinne zu erzeugen, dass man Leistung aktiviert, beschleunigt und<br />
Ressourcen spart, ganz so wie es die Engländer immer schön ausdrücken: Money follows<br />
the patients. Die gesamten Ressourcen müssen soweit wie möglich dezentral verwendet<br />
werden.<br />
Die Gesundheitspolitik spricht hier immer von „Wirtschaftlichkeitsreserven“. Ich lese aber<br />
nirgendwo etwas von der Institution. Ich kann doch keine Wirtschaftlichkeitsreserven im<br />
Gesundheitsbereich nutzen, wenn ich die Institutionen an bestimmten Punkten nicht ändere,<br />
so lautet hier mein Credo.<br />
Also neue Rollendefinition plus partielle institutionelle Veränderung. Und dann<br />
Verantwortungsklärung: Wir müssen in diesem Zug noch einmal neu klären, wer<br />
eigentlich <strong>für</strong> was verantwortlich ist. Welche Instanz kann auf welcher Ebene<br />
Verantwortung übernehmen im Sinne einer Verantwortung <strong>für</strong> potenzielle Wirkung?<br />
Nicht nur Zuständigkeiten im Sinne von „Ich bin zuständig“, also bekomme ich Geld,<br />
folglich habe ich Macht, sondern, ich meine, wirkliche Verantwortungsübernahme. An<br />
diesem Punkt sagen meine Mitarbeiter immer: „Jetzt kommst du in den Tugenddiskurs“.<br />
Das will ich aber gar nicht. Ich begreife Verantwortung durchaus auch ökonomisch im<br />
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