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Dr. Jan Schröder - Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen ...

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steigen. Je mehr Verträge geschlossen werden, desto mehr muss der „Principle“ verhandeln<br />

und kontrollieren, dass alles auch funktioniert. Im englischen Gesundheitsbereich<br />

wurde versucht, ganz stark zu kontraktualisieren. Die niedergelassenen Ärzte bekamen<br />

ein Budget und schlossen selbst Verträge mit verschiedenen Krankenhäusern<br />

und anderen Leistungsanbietern. Dieses Fund Holding hat fünf oder sechs Jahre funktioniert,<br />

führte aber ganz logisch zu einer Konzentration bei den GP. Die guten alten<br />

Hausärzte haben sich plötzlich alle zusammengeschlossen und auf Grund der Vertrags-<br />

und Verhandlungsmacht größere Firmen gegründet. Viele Kleine konnten da nicht mithalten<br />

und wurden keine Fund Holders. Der Effekt war, dass die Patienten der großen<br />

Fund Holders, die Gutsituierten, die Gebildeten, die so etwas verstehen, verhandeln,<br />

Alternativen suchen. Bei den kleinen Praxen blieben die Ärmeren hängen. Diese Art von<br />

Vermarktlichung und Vertraglichung führt zur Selektion, zum sogenannten „Cream<br />

Skimming“. Die Leute, die Geld haben, holen sich die besseren Patienten. Jetzt ist der<br />

Wechsel umgekehrt. Die neue Regierung macht etwas ganz anderes, installiert jetzt<br />

Primary Health Care Groupes auf lokaler Ebene. Die fassen alle zusammen in Praxisnetzwerke<br />

mit Hausarztfunktion, wo nicht mehr jeder einzelne Vertrag verhandelt wird,<br />

sondern sehr viel stärker Kooperation stattfindet. Das scheint nun erheblich besser zu<br />

funktionieren. Man kann also auch im instrumentellen Bereich ganz gut sortieren, was<br />

wirklich in so eine Art von Aktivierungs-Leistungskette hineinpasst. Je mehr Einzelverträge,<br />

desto schlechter. Ich setze vielmehr auf Kooperation und Koproduktion, vor allem<br />

im Gesundheitsbereich. Das ist die eine Variante.<br />

Die andere Variante ist die dänisch-schwedische, die man mit „Agenturbildung“ bezeichnen<br />

kann, wobei quasi-autonome Instanzen geschaffen worden sind. Agentur <strong>für</strong><br />

X, Agentur <strong>für</strong> Y. Auch mit Verträgen, aber in einem beibehaltenen öffentlichen Sektor.<br />

Das funktioniert in Schweden auf Grund der hohen staatlichen Verantwortung insgesamt,<br />

wegen der geringen Verbandlichung und der geringen Korporatisierung besser,<br />

weil dort nicht -salopp gesagt- so viele Leute immer mitgeredet haben. Ich habe nichts<br />

gegen Mitbestimmung und Bürgerengagement, aber zu viele Einflüsse im Rahmen eines<br />

diffusen „Subsidiaritäts“- Prinzips, wo die Rollen gar nicht klar sind, schaffen Probleme.<br />

Das Problem der Freien Wohlfahrtsverbände z. B. ist ja, dass sie im Augenblick<br />

nicht mehr wissen, welche Rolle sie eigentlich spielen sollen. Sind sie Sozialadvokatoren<br />

<strong>für</strong> die kleinen Leute, sind sie „Dienstleister“ und Betriebe, sind sie Verbände, die<br />

Politik machen, die Verhandlungen führen, oder sind sie auf der oberen politischen Ebene<br />

die letzten, die z. B. überhaupt noch die Armutsfrage stellen? Sie stecken wirklich<br />

in einer ganz schwierigen Situation. Andere Länder haben dieses Problem nicht, weil sie<br />

andere Institutionen haben. Ich denke, dass unsere Hauptschwierigkeit darin liegt, zu<br />

klären, wie man in diesen Strukturen die Verantwortung so setzen kann, dass auch immer<br />

klar ist, dass beispielsweise Verbände, wenn sie sich auf der Ebene von Verhandlungen<br />

bewegen, dort ihre Rolle haben, aber nicht alles vermischen. Dass sie nicht behaupten,<br />

die Klienten zu vertreten. Die Krankenkassen vertreten beispielsweise die Patienten<br />

nicht. Dass hier vielmehr Autonomisierung auch im Sinne der Selbststeuerung<br />

auf den verschiedenen Ebenen eingeführt wird.<br />

Ich denke schon, dass sich insgesamt eine Richtung im internationalen Vergleich feststellen<br />

lässt. Weg von der staatlichen Fremdsteuerung, hin zu irgendeiner Art von kooperativer<br />

Selbststeuerung und verantwortungsdifferenzierenden Dezentralisierung, gerade<br />

im sozialen Dienstleistungsbereich. Und dies liegt schlicht an der neu gestellten<br />

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