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pdf | 1MB - Theodor-Heuss - Kolleg

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ter dieser Gruppe in der Strafanstalt Plötzensee das 20.Juli-Gedenken. Zudem war die<br />

Rede in ein intensives politisches Großprogramm eingebettet. Die Bundesversammlung<br />

bestätigte <strong>Heuss</strong> im Amt und im Olympia-Stadion hielt er eine Kundgebung für die Fuß-<br />

ball-Weltmeister ab. Die Rede zum 20.Juli wurde im Auditorium Maximum der Freien Uni-<br />

versität gehalten.<br />

Der Kern von <strong>Heuss</strong> Ausführungen dreht sich darum, die Legitimität des Eids, den die<br />

Soldaten auf Hitler abgaben, mehrfach in Zweifel zu ziehen. »Dieser Fahneneid wurde<br />

einem Manne geleistet, der formalrechtlich' und moralisch-geschichtlich einen mehrfachen<br />

Eidbruch schon hinter sich hatte.« 308 Demnach waren die Widerständler in einer »Grenzsi-<br />

tuation« zwischen »Staatsräson« und »Freiheit.« Wenn auch der Staat »eine Veran-<br />

staltung, die auf Befehlsgewalt und Gehorsamsanspruch beruht« 309 sei, so handelt es<br />

sich hier um die Art von »Gehorsamsverweigerungen, die einen h i s t o r i s c h e n<br />

Rang besitzen.« 310 Die Wahl des christlichen Pathos dient <strong>Heuss</strong> dazu, klarzumachen, dass<br />

unsere Erlösung in ihrem Tod begründet liege: »Das Gemartert-Werden brachte allen die<br />

gleiche Q u a l , und das Sterben durch den Strang, der sie schänden, durch die Kugel,<br />

die sie bloß vernichten sollte, der selbstgewählte Tod aus Verzweiflung gab ihnen allen<br />

das g l e i c h e A n r e c h t , dass der Dank ihr Opfer als ein G e s c h e n k a n d i e<br />

d e u t s c h e Z u k u n f t würdigt.«<br />

Dieses Opfer gilt allen in der Schicksalsgemeinschaft der Deutschen zusammmen-<br />

fassbaren Bürger. <strong>Heuss</strong> rückt zudem den Durchschnittssoldaten in die Nähe des Wider-<br />

stands, zumindest verstanden als eine Art innerer Widerstand. »Die seelische Situation<br />

von Hunderttausenden von Millionen Soldaten war furchtbar, denn es zogen doch nicht<br />

bloß fanatisierte Nationalsozialisten ins Feld, sondern deutsche Menschen, darunter zahl-<br />

lose, die durch diesen Krieg hindurch, in dem sie sich durch Tapferkeit auszeichneten, von<br />

einem dauernden inneren Konflikt begleitet waren.« 311<br />

Am Ende wird das in der Synthese von Nation, Gewissen und Opfer aufgebaute Pathos<br />

ins Archaische überhöht: »Aber wenn ich am Beginn meiner Worte sagte, die Stunde soll<br />

Bekenntnis und Dank sein, so will ich das noch einmal aussprechen: Bekenntnis zur<br />

Gesinnung wie zum Rechte der jungen Männer [...] Dank für ein Vermächtnis, das durch<br />

das stolze Sterben dem Leben der Nation geschenkt wurde. Die Scham, in die Hitler uns<br />

Deutsche gezwungen hatte, wurde durch ihr Blut vom besudelten deutschen Namen<br />

wieder weggewischt.« 312 <strong>Heuss</strong> empfiehlt die Gruppe des 20. Juli als zentrale Heldenfigu-<br />

ren einer positiven Gedenktradition. Insofern war diese auch von <strong>Heuss</strong> in ihrer Bedeu-<br />

308 Dahrendorf/Vogt (1984); Recht auf Widerstand; S.434<br />

309 Dahrendorf/Vogt (1984); Recht auf Widerstand;S. 433<br />

310 Dahrendorf/Vogt (1984); Recht auf Widerstand;S. 435<br />

311 Dahrendorf/Vogt (1984); Recht auf Widerstand;S.436<br />

312 Dahrendorf/Vogt (1984); Recht auf Widerstand;S. 439<br />

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